Der Dällenbach Kari ist in Bern eine Kultfigur, er war ein sonderliches Original und Coiffeur, der Lebzeiten unter seiner „Hasenscharte“ litt und sich später das Leben nahm, schaffte es seine anfängliche Unsicherheit und die Bösartigkeit von Mitmenschen mit seinem sarkastischen Humor zu bewältigen. 1970 verfilmte Kurt Früh die letzten Tage im Leben des Dällenbach, mit dem unvergleichlichen Walo Lüönd in einer seiner Glanzrollen. Xavier Koller, Oscargewinner für Reise der Hoffnung, nahm sich des Themas erneut an. Der Film wurde mit Spannung erwartet, kann die grossen Erwartungen allerdings nicht ganz erfüllen. Hauptsächlich liegt das wohl daran, dass Koller anders als Früh sich in erster Linie auf die Liebesgeschichte zwischen Kari und Annemarie, beide damals in ihren frühen Zwanzigern, konzentriert, was das Publikum grösstenteils überraschte. Andererseits gibt der Dällenbach Kari auch mehr her als Koller in 106 Minuten packte. Besonders lassen einem die gefühlt kurzen (aber tollen) Momente mit Hanspeter Müller-Drossaart als alten Dällenbach ein bisschen ratlos zurück und man verwundert sich, wieso ihm nicht mehr Filmzeit gegeben wurde.
Davon abgesehen ist Kollers Film durchaus geglückt. Eine wen iig (zu Deutsch: Einer wie ich) unterhält dank Karis unnachamlich komischer Art mit Menschen und seinem Gebrechen umzugehen. Er verzückt dank Nils Althaus› feiner Darstellung des jungen Kari. Und er bringt den Zuseher in eine Achterbahn der Gefühle, wenn all das Glück, das Kari plötzlich fassen kann nicht zuletzt an ständischen Vorurteilen zerbricht. Und er zeigt ein einschneidendes Erlebnis des Kari, das ihn fortan prägen und an ihm Zeit seines Lebens nagen sollte.
Die Einspielergebnisse blieben hinter den zurecht hohen Erwartungen zurück und so ist es nicht überraschend, dass wiederum eine Schweizer Filmmusik nicht auf CD gepresst wurde. Balz Bachmanns Musik bleibt hier weit hinter den Bildern und Schauspielerleistungen zurück, emotional gesehen. Schade, dass Bachmann nicht vermehrt auf Gefühle setzt oder setzen durfte, nicht überraschend, wenn man die Zurückhaltung einheimischer Filmmusik in Sachen Emotionen kennt. Leider eine Tatsache.
Phil, 28.10.2012
EINE WEN IIG, DR DÄLLEBACH KARI R: Xavier Koller D: Nils Althaus, Carla Juri, Hanspeter Müller-Drossaart u.a. Musik: Balz Bachmann Verleih: Ascot Elite