Bobby Deerfield fährt Mitte der 70er Jahre für das Brabham Martini Team in der Formel 1 und ist ein gefeierter Star. Doch der tödliche Rennunfall seines Teamkollegen verunsichert ihn völlig. Als er den Deutschen Rennfahrer Holtzmann in Leukerbad besucht (weniger zu Besuchszwecken als vielmehr mit dem Hintergedanken, die Umstände des Unfalls zu erfahren), der beim Crash schwer verletzt wurde, lernt er die unbekümmerte Lillian kennen. Ihre leidenschaftliche und lebensfrohe, aber auch unfassbare Art fasziniert Deerfield, der selber ein unbefriedigendes Leben führt. Doch Lillian ist todkrank, was sie ihrem neuen Freund verheimlicht.
Sydney Pollacks Filme aus den 70er Jahren gehören zu den besten im Werk des 2008 verstorbenen, amerikanischen Filmemachers. Zu ihnen gehören der famose Thriller 3 Days of the Condor und der besondere Western Jeremiah Johnson. Ein spezielles Augenmerk bei seinen Filmen setzte Pollack immer auf das Drehbuch, an dem er zusammen mit den Autoren und den Darstellern unendlich gefeilt hat. Insbesondere die Dialoge liegen ihm am Herzen, das ist in besonderem Masse auch Bobby Deerfieldanzumerken.
Auch wenn der Film 1977 floppte, was nicht zuletzt an der falschen Verkaufsstrategie des Studios und der Erwartungshaltung des Publikums lag, das von Al Pacino Richtungswechsel scheinbar wenig angetan war, so ist Bobby Deerfield doch ein gelungenes Lebensabschnittsporträts eines erfolgreichen aber unglücklichen Rennfahrers, der erst durch die lebensbejahende Art Lillianes zu einer neuen und offenen Lebeneinstellung zu kommen scheint und durch ihren Tod wieder auf den Boden seiner zuletzt gelebten Tatsachen gelangt. Ob er aus dieser kurzen Phase gelernt hat, bleibt dem Zuschauer allerdings selber überlassen.
Al Pacino spielt überraschend zurückhaltend und somit als Gegenpol zur unheimlich fordernden, aber toll agierenden Marthe Keller, die in dieser Phase einige grosse Hollywoodrollen ergattern konnte (u.a. in Marathon Man, Black Sunday und The Formula).
«Europäische» Rennmusik
Pollacks Haus- und Hofkomponist zu jener Zeit war Dave Grusin. Für Bobby Deerfield schrieb Grusin eine eingängig melancholische Musik mit seinem bekannten Popjazz-Ambiente (zu hören u.a. unter dem langen Titelspann) und einem wunderbaren Thema für die Beziehung von Deerfield und Lilliane. Dazu kommen ein paar hübsche Momente während der Reiseszene durch Mitteleuropa. Witzigerweise erhalten die Szenen in der Schweiz dabei eine französische anmutende Untermalung (komplett mit Akkordeon etc.). In unserem Forum „scoresheet“ haben wir vor ein paar Monaten anlässlich einer geplanten Grusin Veröffentlichung von FSM schon gemutmasst, ob es sich dabei um Bobby Deerfieldhandeln könnte. Es war dann schliesslich The Heart is a Lonely Hunter. Eine mögliche CD mit dem Deerfield Score ist somit nach wie vor willkommen (und desöfteren sind Scores ja, nachdem die Filme auf DVD neu aufgelegt wurden, auf Tonträger erschienen).
Die DVD besticht durch einen gelungenen 2.35:1 Bildtransfer, der zwar gelegentlich etwas grobpixelig daherkommt, dessen Breitwandformat die tollen Bilder und Farben aber dennoch sehr schön wiedergibt. Die englische Tonspur (nur schon wegen dem herrlichen schweizerisch-deutsch-italienischen Akzent Kellers ein Muss) ist in Mono enthalten. Als einziges Extra findet sich ein kleines PR-Filmchen aus der Produktionszeit.
Phil, 3.8.2009
BOBBY DEERFIELD Regie: Sydney Pollack Darsteller: Al Pacino, Marthe Keller, Anny Duperey Musik: Dave Grusin Verleih: Warner
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