Philip Marlow in den 70ern: Der Privatschnüffler wird vom betagten General Sternwood angeheuert, dem Erpresser seiner„lebensfrohen“ Töchter auf die Spur zu kommen. Der scheinbare Täter wird alsbald und erst nich maustot aufgefunden. Doch das ist eher der Beginn als das Ender der Affäre(n)…
Raymond Chandlers The Big Sleep nach London, aber vor allem in die 70er Jahre zu verlegen, ist bei einer Marlowe-Geschichte schon fast ein Sakrileg – ausserdem scheint die typische Offstimme hier irgendwie deplatziert. Man könnte diese Veränderung noch goutieren, wäre der Film wenigstens einigermassen gelungen, aber ausser an Robert Mitchum ist an Michal Winners Film kaum ein gutes Haar zu lassen. Inferior gespielt sind die beiden Töchter (Sarah Miles und Candy Clark) von General Sternwood. Sie überzeichnen ihre zugegeben schrägen Rollen in einem Masse, das einem einige Male ein Lachen rausrutscht, wo es nicht hingehört.
James Stewart in der Rolle des Generals ist sein fortgeschrittenes Alter vor allem in der Originalfassung anzumerken, er soll bei den Dreharbeiten in einem gesundheitlich sehr angeschlagenen Zustand gewesen sein. Ausserdem sind die Auftritte von Edward Fox, Richard Todd und Oliver Reed zu kurz und manchmal zu nebulös um ins Gewicht zu fallen, zahlreiche Charaktere kommen und gehen, ehe man weiss wie einem geschieht.
Am Ende hat man das Gefühl, dass die Geschichte weit mehr hergeben könnte als es Winners Film, dessen Spuk immerhin nach knapp 100 Minuten vorüber ist, tut. Hier sei schliesslich der Hinweis auf Howard Hawks gleichnamigem Klassiker mit Humphrey Bogart aus den 40er Jahren gestattet. Wenn The Big Sleep, dann jener.
Von weit grösserem Reiz als der Film ist die Musik von Jerry Fielding, der für den Regisseur mehrere Filme musikalisch begleitete, u.a. Lawman und The Mechanic. Nur ein Track ist bisher in Kurzform auf einer schwieriger zu findenden Bay Cities CD zu hören, wer weiss, vielleicht wird von The Big Sleep aber irgendwann in nächster Zukunft eine Score-CD erscheinen (wie es denn auch noch im selben Jahr bei Intrada der Fall war: Rezi) ? Nichts ist unmöglich.
Die Musik hat durchaus ihren Reiz auch wenn sie nicht zu den besten Werken Fieldings zu zählen ist, so ist sie aber wie einige Male bei Fieldings Arbeiten in den 70er Jahren besser als der Film – im Falle von The Big Sleep ist das allerdings keine grosse Hürde gewesen.
Fielding verleiht seinem peppigen Titelstück funkigen 70er Sound mit Bass, Schlagzeug und E-Gitarre, zu denen sich zuerst Holzbläser, Streicher und dann ein zünftiger Jazzsatz im Blech dazugesellen. Dieses Bassmotiv verwendet Fielding desöfteren wenn Mitchum im Off als Marlow spricht oder in sogenannten Übergangsszenen. Es gibt desweiteren ein recht witzig gestaltetes Stück für eine Verfolgungsjagd zu Fuss ziemlich zu Beginn des Films. Hier setzt Fielding zunächst nur Perkussion ein um mit den Streichern schliesslich ein Schlussstatement zu setzen. Dieses und ein pfundiges Stück beim finalen Shootout sowie das Titelmotiv sind durchaus reizvoll. Ingesamt dürfte es sich wohl um gute 35 Minuten Score handeln.
Phil, 19.10.2009
THE BIG SLEEP (USA 1978, Tote schlafen länger) Regie: Michael Winner Darsteller: Robert Mitchum, Sarah Miles, Oilver Reed, John Mills, James Stewart u.v.m. Musik: Jerry Fielding Verleih: Concorde (Warner)