Toorop ist ein moderner Söldner, der vom hochgerüsteten Russenmafiaboss Gorsky angeheuert wird um die rätselhafte Aurora, die in einem Kloster abgeschieden von einer gewalttätgen Zivilisation untergebracht war, nach New York zu bringen und sie dort einer mysteriösen Sekte abzuliefern. Davor liegen allerdings beschwerliche Kilometer von einem von Kriegen zerrütteten Osteuropa über Sibirien nach Kanada, die Toorop mit Hilfe einer schlagkräftigen Nonne auf sich nimmt. Doch in New York ist er sich nicht mehr so sicher, ob er den Auftrag ausführen kann.
Ein reines Studioprodukt
Babylon A.D. ist das aktuellste Paradebeispiel wie sehr ein Studio Einfluss auf ein Endprodukt nimmt und damit grausam auf die Schnauze fällt – und das ist dem Film sehr bald mal anzumerken. Gekürzt von über 160 Minuten auf 93 Minuten, dem Regisseur quasi aus den Händen gerissen und als Actionfilm vermarktet… immerhin hatte man ja mit Vin Diesel einen „Star“, der seit Jahren nur ein bestimmtes Klientel ins Kino oder ans DVD-Gerät bringt und dabei nur mit einem „Zauberwort“ vermarktet: Action, Action, Action (Freunde getunter Testosteronkarrossen werden sich beim kommenden Fast and Furious schon mal die Hände reiben…). Inwiefern Kassovitz’ eigene Version besser ausgefallen wäre ist reine Spekulation, denn Umwerfendes hat der Franzose bisher auch noch nicht auf die Beine gestellt. Als Fan grobschlächtiger Kampfsszenen läuft man bei ihm immer Gefahr, dass choreographiertes Handgemenge über einer guten Story steht, wenn man bei der verwendeten Comicvorlage durchaus auch etwas anderes hätte erwarten können.
So bleiben denn nur 90 Minuten Mischung aus Haudraufspektakel, Maschinenpistolengemetzel, massig CGI und Locationjumping vom grauen Neuserbien nach Sibirien hoppsa unter dem Eis durch nach Kanada und in ein futuristisches New York, dessen Look so einiges dem grossartigen Blade Runner schuldet. Und mit dem Ortswechsel kommt auch ein kruder Storybogen zustande, der einem neuchristliche Sekten mit Stockexchange Absichten, einen merkwürdig besetzten Gérard Depardieu, ein bisschen Matrix (inklusive Heilsbringer), verfeindete Parteien und den ein oder anderen missglückten, weil absehbaren „Twist“ um die Ohren haut. Schauspielerisch sollte man hier eher wenig erwarten (auch Charlote Rampling kann daran nichts ändern) und zu guter Letzt ist man irgendwie froh, dass es auch wirklich vorbei ist.
Himmeldonnerwetter ja, Musik nein
Laut, lauter, ohrenbetäubend. Das ist das einzige Verdikt für Atli Örvarssons „Musik“. Man gestatte mir, dass ich Musik hier in Anführungszeichen setze, denn dieses schauerliche, ohrenbetäubende Gelärme kann ich nicht mit gutem Gewissen als Komposition bezeichnen. Es gibt eine kurze Szene mit Vin Diesel und Melanie Thierry in der unter dem Dialog ein Zweinoten-Subwoofer-Gewabere läuft, die ist fast sinnbildlich für diesen Score: Unnötig. Völlig ohne jegliche dramaturgische Idee und ohne den Hauch einer kreativen Eingebung, einfach nur um die Steigerung des sonst schon beachtlichen Tonvolumens besorgt, knallt und rumst es, egal ob es nun Score oder Toneffekte sind. Selten habe ich einen DVD-Film so leise einstellen müssen um mir nicht einen weiteren Tinnitus zu holen. Es ist schlicht und einfach ein Graus was Örvarsson uns da vorsetzt und ich kann mir bei bestem Willem nicht vorstellen, dass dieser Score abseits vom Film auch nur den Hauch einer musikalischen Daseinsberechtigung hat. Für mich etwas vom grauenhaftesten was ich aus Hollywood in letzter Zeit gehört habe.
Die DVD
Es gibt aber auch was Gutes zu berichten: Das Bild ist ganz hervorragend transferiert, schon bei der normalen DVD. Die blu-ray Version muss da ein wahres Fest für die Augen sein, falls man sich das auch wirklich antun will. Den Ton habe ich oben schon kurz angesprochen. Hier wird die Surround-Anlage zwar gut bedient, aber es ist eine richtige Wand an Tönen (plus Score), die da auf den Zuschauer zukommt.
Und Vorsicht: auf der DVD steht zwar gross „Ungeschnittene Fassung“, aber natürlich handelt es sich um die misslungene Studioversion und nicht etwa um einen Director’s Cut. Also bitte nicht der PR-Maschinerie auf den Leim gehen.
Phil, 13.4.2009
BABYLON A.D. R:Mathieu Kassovitz D: Vin Diesel, Michelle Yeoh, Charlotte Rampling u.a. Musik: Atli Örvarsson Verleih: Warner Home
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