Blog #88: Goldene Schnapper-Zeiten

von Andi

Zu meiner THREE-AMIGOS!-Rezi ein paar Nachgedanken, die sich mit der Negativentwicklung von Film-Veröffentlichungen befassen.

Bei frühen Medien wie VHS-Kassetten und Laserdiscs war das Visuelle wichtig (auch um im Verleih-Bereich Aufmerksamkeit zu erregen), da wurde gerne auf original Film-Artwork zurückgegriffen. Das galt generell auch für die ersten DVD-Generationen, wo man sich ebenfalls Mühe gab bei Gestaltung und Verpackung. Neben den auch heute noch gebräuchlichen, damals aber viel stabileren Standard-Cases gab es Glas-Boxen und vom Warner-Label die sogenannten «Schnapper», die mittlerweile bei vielen Sammlern Kultstatus geniessen. Auch bei den Extras liess man sich meist nicht lumpen.

Es folgte der Aufstieg der Bluray, die sich parallel zur DVD zunächst auch noch ansprechend präsentierte, aber seit dem Aufkommen der Streaming-Dienste ist bei beiden Formaten zumindest im optischen und materiellen Bereich ganz klar ein Qualitätsverlust erkennbar (das gilt auch für den auf vielen Veröffentlichungen derart leisen Klang, dass er selbst bei voller Lautstärke nur schwer verständlich ist). Bis auf löbliche Ausnahmen wie etwa dem Pidax-Label wird heutzutage bei manchen älteren Filmen lieblos irgend ein fürchterlicher Photoshop-Rotz aufs Cover geklatscht, zusätzlich verunstaltet durch den FSK-Flatschen, da Wende-Cover auch immer rarer werden.

Dann gibt es den gegenläufigen Trend. Wer über viel Geld und Platz verfügt, kann zu den seit einiger Zeit den Markt überschwemmenden, völlig überteuerten Media-Books greifen, die in limitierten Stückzahlen und x Cover-Varianten angeboten werden. Da erhalten selbst die obskursten Filme, die nur die wenigsten kennen dürften, edel gestaltete Luxus-Veröffentlichungen. Auch bei Steel-Books und Boxen im oberen Preissegment achtet man noch auf eine ansprechende Präsentation.

Das Nachsehen hat also der «normale» Sammler (eine aussterbende Spezies offenbar), der sich einfach preislich vernünftige, ästhetisch den Filmen entsprechende Editionen ins Regal stellen möchte. Nur weil künstlerisch anspruchsvolles Film-Artwork weitgehend aus der Mode gekommen ist, braucht man nicht gleich alles der heutigen Zeit angepasst zu verhunzen. Ein Beispiel gefällig, das diesbezüglich besonders den Vogel abschiesst? Die kürzliche Wiederveröffentlichung von DIE NACHT VOR DER HOCHZEIT. Ein echter Weggucker, nicht? Und wer würde bei diesem fast unzumutbaren Anblick auch nur ansatzweise darauf kommen, dass es sich hierbei um eine klassische Screwball-Komödie von 1940 handelt? Wer so etwas absegnet, mag alles sein, aber ganz bestimmt kein Filmliebhaber.

11.05.2025