
von Phil
Begleitet von einer Musik von Chris Young à la THE VAGRANT oder THE FLY II schlängelte ich mich in unseren Anfangszeiten des Magazins in den Copyshop der nahen Stadt (ab 10’000 Einwohner gilt bei uns eine Ortschaft als Stadt). Ich wusste was auf mich zukam: Zunächst alle CD-Covers und Fotos kopieren, diese ausschneiden und mit Uhu-Klebestift mehr oder weniger gerade an die vorgesehenen Plätze der zuhause mit einem Laserdrucker ausgedruckten A4-Seiten kleben. Eine meiner «liebsten» Tätigkeiten, war ich doch bereits im Basteln und Werken in der Schule einer der Hilfsbedürftigsten.
Was nun folgte war purer Horror. Ein Heft in der Mitte geklammert muss eine Seitenanzahl haben, die durch 4 teilbar ist. So weit so gut. Doch das hiess, dass auf Seite 1, Cover, aussen, natürlich das Cover sein musste, während die Umschlagseite rückseitig, zB. Seite 48, die letzte Seite ihren Platz hatte. Klar, oder? Innseitig waren es Seite 2 und Seite 47. Bei der Umschlagseite war das noch überschaubar, da sie farblich abgesetzt war. Dann begann das fröhliche Zusammensetzspiel am Kopierer… Seite 3, auf der rechten A3 Seite und Seite 46 auf der linken A3 Seite, kopieren. Die kopierten Seiten 3 und 46 nun richtig herum in das Papierfach, so dass Seite 4 auf links auf der noch leeren A3 Seite und Seite 45 auf rechts auf der noch leeren A3 Seite kopiert wurden. Ähm, in angeschlagenem Zustand nicht empfohlen.
Als wäre das nicht genug, sollten auch die bereits 1x kopierten und auf die Vorlage beklebten Bilder dabei einigermassen okay aussehen – was quasi unmöglich war. Nicht zu hell, nicht zu dunkel. Und doch irgendwie erkennbar.

Redaktionssitzung bei The Film Music Journal…
War das getan, Stunden später, musste, da sich die A3 Seiten durch die Falzung (da gab es immerhin schon eine Maschine für) mittig von der Coverseite her quasi wie ein «Berg» zuspitzten, jedes Heft noch zugeschnitten werden. Nochmals Stunden später und in der Hoffnung alles werde mit den Seitenzahlen stimmen, verliess ich den Copyshop mehr, eher mehr, oder weniger zerknirscht aber froh die Tortur hinter mir zu haben.
Erst einige Ausgaben später gab es schliesslich die Möglichkeit, das Layout komplett im PC zusammenzustellen, eine Druckdatei (pre-PDF) zu generieren und diese digital an eine Druckerei weiterzugeben, in der all das oben beschriebene ohne grosse Handwerkskunst schliesslich vonstatten ging. Wäre da nur nicht die Sache mit der Druckdatei gewesen, die mal funktionierte und ein anderes Mal auf irgendeiner oder mehreren Seiten Hieroglyphen oder andere Überraschungen druckte. Wenn so ein Anruf von Patrick Ruf kam, durfte die betroffene Seite nochmals nachgestaltet und die gesamte Datei abermals formatiert werden, in der Hoffnung es möge nun bitte, bitte funktionieren (und man bedenke, die damaligen PCs der Mitte und Ende 90er Jahre waren weder schnell noch besonders zuverlässig).
Auch da wurde die Technik immer besser und zu guter Letzt gab es kaum mehr Abstürze, fremdartige, ungewollte Schriftzeichen in der Druckerei und alles ging fixer. Aber die Anfänge waren ein Abenteuer, die Zeiten im Copyshop albtraumartig, lang und nicht sonderlich motivierend – wäre es nicht für die eine Sache gewesen!
05.01.2025