Einst gefeiert für den subtilen Grusler „The sixth Sense“ fiel der US-amerikanische Regisseur M.Night Shyamalan in Ungnade, nach dem er mit den beiden hochbudgierten Streifen „The last airbender“ und „After Earth“ sowohl künstlerisch als auch finanziell eine Bauchlandung hinlegte. Danach hieß es, sich erst einmal im TV austoben („Wayward Pines“) und im Kino deutlich kleinere Brötchen backen („The Visit“). „Split“ liegt inszenatorisch und narrativ auf einer Länge mit „The Visit“, soll heißen, schmales Geld und schmale Geschichte, allerdings mit einem deutlich bekannteren Namen besetzt, nämlich James McAvoy („X-Men: Erste Entscheidung“).
Die Geschichte selbst wurde schon tausendmal verfilmt. Drei adoleszente Damen werden von einem Unbekannten entführt und in einem Labyrinth artigen Versteck gefangen gehalten. Der Entführer ist allerdings kein handelsüblicher Psychopath, sondern ein erlesener Schizophrener, dessen Geist sich gleich in 23 Persönlichkeiten spaltet. Im einen Moment bedrohlich, werden die Damen im nächsten Moment mit einem neunjährigen Jungen konfrontiert. Was alle gemeinsam haben, ist, dass sie von der Ankunft von ihm, das Biest, reden. Schnell wird den Mädchen klar, dass Flucht ihre einzige Chance zu überleben ist.
„Split“ ist im Grunde ein simpler Thriller, der über weite Strecken den Gesetzten des Genres gehorcht. Schnell könnte das Interesse des Zuschauers im immer wieder gleichen Ablauf aus Flucht, Therapiegespräch, wieder eingefangen werden, Flucht, usw. ermüden. Die Charaktere der entführten Mädchen entsprechen den üblichen Genrekonventionen. Sprich, es gibt die selbstbewusste attraktive Blondine, die normale dunkelhaarige und die etwas verschroben intelligente, die natürlich ein Kindheitstrauma verarbeiten muss. Was den Film allerdings bei Laune hält ist Hauptdarsteller McAvoy. Insgesamt acht der 23 bzw. 24 Persönlichkeiten hat er für den Film ausgearbeitet und damit ist er auch die Hauptattraktion. Natürlich betreibt der Film keine ernsthafte Auseinandersetzung mit dem Thema gespaltenen Persönlichkeiten, insofern ist es McAvoy auch gestattet, sein Talent ungezügelt von der Leine zu lassen. Und das tut er auch nach Herzenslust. McAvoy bewerkstelligt diese Herausforderung lediglich mit Gestik, Mimik und Sprache. Damit schafft er es, den Zuschauer in seinen Bann zu ziehen. Kurzum, es ist sein Film. Shyamalan liefert hierzu eine angemessen düstere Bildsprache. Am Ende beschert der Regisseur dem Zuschauer den obligatorischen Shyamalan-Twist, der eine Zweitsichtung empfehlenswert macht.
Zur Musik: Musikalisch vertraute Shyamalan den Film dem amerikanischen Komponisten West Dylan Thordson („Joy“ und „Foxcatcher“) an. Der liefert einen atmosphärischen Klangteppich, der für die nötige beklemmende Atmosphäre sorgt und immer wieder die Grenzen zum Sound-Design überschreitet. Gelegentliche Klaviereinsprengsel schaffen Momente der Melancholie und Einsamkeit, bleiben aber austauschbar. Gegen Ende schleicht sich schließlich eine Melodie aus einem früheren Shyamalan-Film in das Geschehen. Thordson und sein Regisseur schaffen damit einen Brückenschlag, zu einem früheren Werk des Regisseurs, der auch den Twist einleitet. Gleichzeitig unterstreichen diese Momente die Bedeutung von James Newton Howards Musik für Shyamalans Werk. Howard schrieb zwischen „The sixth sense“ und „After Earth“ alle Musiken zu dessen Filme und lieferte nebenbei ein paar seiner besten Arbeiten ab. Allerdings ist das Howard Thema nicht auf dem Soundtrack enthalten. Der Soundtrack ist lediglich als Download verfügbar
SPLIT Regie: M.Night Shyamalan Darsteller: James McAvoy, Anna Taylor-Joy, Betty Buckley, Kim Director, Jessica Sula u.a. Musik: West Dylan Thordson Verleih: Universal Erscheinungsdatum: 8.6.2017 Soundtrack: 22 Tracks (58:49)
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