Ernest Gold Tadlow Music 007 CD 1: 61:44 / 19 Tracks CD 2: 70:46 / 20 Tracks
Trotz starker Konkurrenz durch Spartacus oder The Magnificent Seven vermochte Ernest Gold mit Exodus, sich den Oscar für die beste Filmmusik des Jahres 1960 zu angeln. Inwieweit sich die Academy bei ihrem Entscheid von dessen Hauptthema beeinflussen liess, ist Spekulation, jedenfalls wurde dieses augenblicklich sozusagen zum Allgemeingut und von Musikern jeglicher Art eingespielt, wobei besonders die Version des Klavierduos «Ferrante & Teicher» hervorzuheben ist, das es mit ihrer Interpretation immerhin auf den beachtlichen zweiten Platz in den Popcharts schaffte. Das Thema gehört ausserdem zum Grundstock von Filmthemen, auf den gerne zurückgegriffen wird wenn es gilt, einen Sampler zu bestücken, der den Publikumsgeschmack ausserhalb unseres kleinen Kreises ansprechen soll.
Auch dem Album, das filmbegleitend erschien, war grosser Erfolg beschieden. Nicht nur gewann es zwei Grammys, sondern führte darüber hinaus während vierzehn Wochen die Billboard-Charts an. Zahlreiche Wiederauflagen auf LP und CD belegen, dass Exodus nach wie vor zu den populärsten sinfonischen Filmmusiken gehört, und dies trotz der Tatsache, dass sämtlichen Veröffentlichungen ein nicht gerade berauschender Klang zu eigen ist. Deshalb war die Ankündigung von James Fitzpatrick, dass eine Neueinspielung in Arbeit sei, höchst erfreulich.
Vor allem seit den exzellenten Rózsa-Alben sind die Erwartungen an Tadlow deutlich gestiegen, und diese werden nun für mich mit Exodusnicht ganz erfüllt. Zum einen ist das Spiel der Prager für meinen Geschmack zeitweise eine Spur zu unterkühlt, darunter leidet insbesondere das Hauptthema im Vergleich zum Original (weiss aber in all seinen Variationen nichts desto trotz zu gefallen; man müsste ja auch so einiges falsch machen, um es nicht zumindest gut klingen zu lassen). Zum anderen gereicht die komplette Präsentation dem Score nicht unbedingt zum Vorteil, weil sich während der rund 80 Minuten doch ein paar atmosphärische Spannungstracks – insbesondere gegen Ende von CD 1 – einschleichen, die dem Hörfluss nicht sehr förderlich sind. Weniger wäre hier eindeutig mehr gewesen; Ernest Gold wusste halt schon genau, was er tat, als er sein LP-Programm zusammenstellte.
Generell bietet diese Musik aber schon sehr viel, an dem man sich erlaben kann. Zwar blieb von Golds Studium israelischer und arabischer Musik bezüglich des Einsatzes ethnischer Instrumente – wohl auf Geheiss von Otto Preminger – nicht mehr viel übrig, aber zumindest sind entsprechende Färbungen und Harmonien im traditionellen Orchesterklang trotzdem äusserst effektvoll. An Aufbau und Verarbeitung gibt es sowieso nichts zu bemängeln, da zeigt sich der Meister alter Schule. Und die grossangelegte Story um die Gründung Israels bietet reichlich Stoff für martialische, dramatische, tragische und romantische Momente. Entsprechende Themen ranken sich um das jüdische Volk, um Schauplätze wie Zypern und um Personen wie den Hauptcharakter Ari Ben Canaan oder die junge Jüdin Karen. Eine nicht unwesentliche Rolle spielt zudem «Hativkah», die Nationalhymne Israels.
Von erwähnten Abstrichen abgesehen versteht es das Orchester, wenn es drauf an kommt, durchaus zuzupacken und mitzureissen, so dass man von einer soliden Interpretation sprechen kann, die der Musik im Grossen und Ganzen gerecht wird. Nebst dem Score vervollständigen eine Chorversion des Hauptthemas mit Text von Pat Boone, eine Rhapsody for Cello and Orchestra sowie eine Concert Overture das Exodus-Programm.
In der Bonussektion von CD 2 findet man eine Auswahl artverwandter Filmmusik, wobei It’s a mad, mad, mad, mad World diese Bedingung nicht erfüllt und wohl, weil ebenfalls von Gold stammend, mit aufgenommen wurde. Mehr Sinn macht da schon der Rest mit Bekanntem wie Schindler’s List (Williams) und Cast a giant Shadow(Bernstein) sowie weniger Geläufigem wie Ship of Fools (Gold) undJudith (Kaplan). Bei der fünfteiligen Suite aus QB VII (Goldsmith) handelt es sich um eine ältere Silva-Screen-Aufnahme, die aufgrund der Politik dieses Labels schon für mehrere Compilations herhalten musste.
Wenn auch nicht in allen Belangen perfekt, gilt für diese Doppel-CD trotzdem eine klare Empfehlung, denn bei Exodus handelt es sich um einen jener Filmmusik-Eckpfeiler, die eigentlich in jeder Sammlung stehen sollten. Und von Ernest Gold kann man eh nicht zuviel haben, wurde dieser Komponist doch bisher nicht mit übermässig zahlreichen Veröffentlichungen bedacht. Trotz Limitierung (die Quantität ist wie bei Tadlow üblich auf dem Produkt nirgends vermerkt), ist ein schneller Ausverkauf sehr unwahrscheinlich. Jeder Interessent dürfte also genügend Zeit haben, sich ein Exemplar zu sichern.
Andi, 21.10.2009