The Young Lions

Lange mussten wir uns gedulden, bevor wir uns endlich wieder einmal auf einen Friedhofer freuen durften. Aber das Warten hat sich gelohnt, denn mit der erstmaligen Veröffentlichung des kompletten THE YOUNG LIONS kommt von Intrada eine der ganz grossen Filmmusiken des Komponisten. 1958 für ein WWll-Drama geschrieben und völlig zu recht mit einer Oscar-Nominierung bedacht.

Nach einem Roman von Irvin Shaw drehte Edward Dmytryk diesen ebenso ambitionierten wie überlangen Film, der ein wenig daran krankt, sich in parallelen Erzählsträngen und Nebenschauplätzen zu verzetteln. Im Mittelpunkt stehen drei Soldaten; der deutsche Leutnant Christian Diestl (Marlon Brando mit blond gefärbtem Haar), der ̶  wie die meisten der in THE YOUNG LIONS dargestellten Nazis mit tragenden Rollen – für einen Hollywoodfilm fast zu gut ist, um wahr zu sein. Aber einen bösen, dem Klischee entsprechenden gibt es dann doch auch noch in der Gestalt von Hauptmann Hardenberg (Maximilian Schell). Auf Seiten der US-Army steigen Noah Ackerman (Montgomery Clift) und Michael Whiteacre (Dean Martin), die sich bei einer Aushebung in New York kennenlernen und gemeinsame Höhen und Tiefen erleben, in die Uniform. Die Wege der drei kreuzen sich erst am Schluss des Filmes für einen kurzen Moment.

Der Film konzentriert sich weniger auf Kampfhandlungen – obwohl es die natürlich auch gibt – sondern legt sein Gewicht darauf, wie der Krieg die Menschen und ihre Beziehungen untereinander verändert. In der Musik taucht das Martialische vorwiegend im stets vorzüglich verarbeiteten Hauptthema auf, ein mächtiger und schicksalsvoller Marsch, der nationenmässig neutral und unpatriotisch daherkommt. Des Weiteren sind in diesem Bereich beklemmende Spannungsmomente und elegische Klänge zu vernehmen.

Einiges tut sich im romantischen Bereich, der zwei Liebesthemen im unnachahmlichen, geschmackvollen Friedhofer-Stil bereithält. Das eine deckt Christians Beziehung mit der ihm anfänglich feindlich gesinnten Französin Françoise (Liliane Montevecchi) ab, das andere ist für Noah und Hope (Hope Lange) bestimmt und schliesst auch die feine, Noah zugedachte Americana mit ein. Im Gegensatz zu diesen Themen verwendet Friedhofer für die ungefestigte Beziehung von Michael und Margaret (Barbara Rush) angedeutete Source(Tanz)-Musik, um die emotionale Distanz zwischen den beiden zu verdeutlichen, und auch Christians kurze Romanze mit Hardenbergs Gattin Gretchen (May Britt) geht in diese Richtung.

Nebst alpenländischer Folklore, die aber von ihm selbst stammt, verarbeitet Friedhofer mit dem patriotischen «There’ll always be an England» und dem «Valhalla-Motiv» aus Richard Wagners RING-ZYKLUS auch ein wenig Fremdmaterial in seinen Score, der sowohl in seiner kompletten Form wie auch klanglich überzeugt. Was will man mehr? Ach ja, vielleicht noch das als Extra angehängte, alternative Finale – eigentlich die Originalversion – das nicht mit dem hoffnungsvollen Noah/Hope-Liebesthema ausklingt, sondern – vielleicht angemessener – mit trauervollem Blech die vorangegangene Dramatik zu einem sinngemässen Abschluss bringt.

Da nimmt man dann auch ohne grosses Murren die im Grunde genommen überflüssige zweite CD in Kauf, die nebst einer Reihe von Source-Tracks auch das LP-Programm präsentiert. Nun gut, wer dieses noch nicht kennt, kann sich davon überzeugen, dass der Score dank vorzüglicher Zusammenstellung selbigen auch dergestalt bestens funktioniert.

Andi, 22.7.2020

 

THE YOUNG LIONS

Hugo Friedhofer

Intrada ISC 439

CD 1: 60:24 Min. / 26 Tracks
CD 2: 52:18 Min. / 17 Tracks