The Post

Nachdem letztes Mal Thomas Newman einspringen musste und für BRIDGE OF SPIES einen erstaunlich starken Score ablieferte, war es nun wieder an John Williams, seine Steven Spielberg Filmografie erweitern zu können. Und einen Williams zu einem Spielberg Film, den nehmen wir doch immer gerne.

THE POST erzählt die Geschichte vor dem Watergateskandal, der zum Ende des Films nur kurz angetönt wird, und zwar von jenen Geheimpapieren zum Thema Indochina/Vietnam, welche über Jahre verfasst wurden und in denen fest gehalten wurde, dass die Amis einen Krieg in Vietnam nicht würden gewinnen können. In THE POST wird der Fokus auf die Verantwortlichen der Zeitung gelegt: Tom Hanks gibt den Chefredaktor Ben Bradlee während Meryl Streep die Herausgeberin der Post spielt, die sich zwischen einer freien Presse und dem Druck der Geldgeber wie auch aus der Nixon Administration entscheiden muss. Auf den Film darf man sicher ebenso gespannt sein, wie man es auf die Musik war.

John Williams beschreitet hier zwar keine neuen Wege, die ersten Höreindrücke ergeben ein wohlbekanntes Bild, insbesondere die geschäftigen Streicheretwa aus CATCH ME IF YOU CAN sind hier zu hören. Das Jazzidiom, den Schmäh und die Leichtigkeit aus dem eben genannten Film greift Williams hier aber nicht auf, wenn auch zwei Tracks „The Oak Room“ und „Two Martini Lunch“ Lounge Musik versprühen lassen (man hätte diese vielleicht anders platzieren können). Ob die 40 Minuten, die auf der Sony CD zu hören sind, alles ist was der Komponist für THE POST schrieb oder ob im Film doch noch so einiges mehr ist, wird sich wohl erst mit einem Kinobesuch erweisen. Es ist aber durchaus möglich, auch wenn man die Liner Notes von Spielberg interpretiert, dass Williams sich hier deutlich zurückhielt und wenn überhaupt, dann nicht allzu viel mehr geschrieben hat.

Wer nach dem für manche eher enttäuschenden THE BFG hier einen richtigen Befreiungsschlag erhoffte, dürfte enttäuscht werden. Doch den hat Williams mit seinem letzten STAR WARS Abenteuer THE LAST JEDI getätigt. THE POST ist vom Stoff her einfach nicht geeignet eine grosse, melodische und thematisch geprägte Musik zu sein. Dennoch findet der aufmerksame Hörer hier viele kleinere und grössere Ideen, die einem beinahe entgleiten, lauscht man der Musik nicht konzentrierter.

THE POST beginnt mit dem eigentlichen Spannungsmotiv in „The Papers“. Hier sind die eingangs erwähnten Streicher/Holzbläserfiguren präsent, aber auch ein tiefer, pulsierender Synthesizerklang, der nochmals mehr Suspense in die Angelegenheit bringt, der später als perkussiver, im höheren Tonspektrum spielender Sound wieder auftaucht. Die unaufhaltsam voranschreitende Rhythmen strahlen Energie und Bewegung aus, unaufhörliches Schreibmaschinen tippen, riesige Druckmaschinen kommen einem in den Sinn . Eine Fortführung des Spannungsmotivs leitet in mehr thematisches Material in „The Presses Roll“, ein Stück, das Williams grösser und noch packender gestaltet – es würde mich nicht verwundern wenn dieses, auch auf Grund des Titels, im Film eher später auftauchen wird. Auch hier ist der elektronische Bassklang wieder zu hören, allerdings deutlich zurückhaltender, im letzten Drittel ertönt ein Hornmotiv, dem wir zum Schluss des Scores wieder begegnen werden. Ein delikates Stück präsentiert uns Williams in „Mother and Daughter“. Es ist das Emotionalste und Wärmste des Scores und hebt sich dahingehend deutlich von den anderen Tracks in THE POST ab. In „Deciding to Public“ geht Williams einen Schritt weiter, dreht noch mehr am Spannungsknopf und spielt mit dem eingangs erwähnten Motiv, nimmt manchmal kurz Tempo raus, steigert dieses wieder, lässt das Orchester leiser werden nur um es daraufhin in ein kurzes crescendo zu führen. Das pièce de résistance von THE POST ist „The Court’s Decision and End Credits“ mit Williams› Americana-Touch, den herzerfüllenden Streichern und dem Soloklavier, welches das „Mother and Daughter“ Thema wieder erklingen lässt ehe die aufregenden Suspensemomente erneut auftauchen, dieses Mal noch betonter in den Blechbläsern und mit Timpanischlägen akzentuiert, ehe die Musik im letzten Teil kühner und expressiver wird, schlussendlich auf einer ruhigen Note endend.

THE POST ist ein kompakter Score, der kraftvoller ist, als es zunächst den Anschein macht. Hier ist viel Potential drin, dem aufmerksamer gelauscht werden will und das einem beim Nebenbeihören schlichtweg entgleiten kann. Schafft man also Ersteres, dann gibt sich THE POST als kurzes aber dichtes Werk, dem zweifellos im Film nochmals eine grössere Bedeutung zukommen dürfte. Und so erhalten wir also ein weiteres Stück Filmmusikgeschichte in einer ganz, ganz langen und fruchtvollen Zusammenarbeit zwischen Komponist und Regisseur, längst zwei Giganten des Films, die länger dauert und mehr Projekte umfasst, als es andere je geschafft haben. Auf, dass es noch möglichst viele weitere werden!

Phil, 10.2.2018

THE POST

John Williams

Sony Classical

40 Min. / 10 Tracks

 

 

 

 

 

Kommentar hinterlassen

Schreib einen Kommentar

Ihre E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht.


*


Diese Website verwendet Akismet, um Spam zu reduzieren. Erfahren Sie mehr darüber, wie Ihre Kommentardaten verarbeitet werden .