The Caine Mutiny

Max Steiner

Intrada Special Collection

ISC 382

53:25 Min.
28 Tracks

«Meuterei hat es in der US-Marine nie gegeben», wird im Vorspann von The Caine Mutiny verkündet; der Film präsentiert infolge dessen ein von Herman Wouk (der mit fast schon biblischen 102 Jahren immer noch unter uns weilt) ersonnenes «was wäre, wenn»-Szenario. In der Adaption des mit dem Pulitzerpreis ausgezeichneten Romans weiss Humphrey Bogart ‒ obwohl für die Rolle im Grunde genommen deutlich zu alt ‒ als paranoider und inkompetenter Kommandant eines klapprigen Minenräumers zu überzeugen, und auch die Leistung seiner Co-Stars (u. a. Van Johnson, Fred MacMurray und José Ferrer) kann sich mehr als sehen lassen.

Mit dem erneuten und letzten Zusammentreffen von Humphrey Bogart und Max Steiner ergibt sich eine vertraute Kombination von Schauspieler und Musik, stattete doch der Komponist als langjähriger Begleiter Bogarts einige dessen grösster Erfolge mit kompetenten Klängen aus. Das ist durchaus auch hier der Fall, obschon Steiner das der Story innewohnende Potenzial nicht wirklich ausschöpfte. Denn da er sich vor allem auf äussere Ereignisse wie etwa Schiffsmanöver konzentrierte, versäumte er es, auch nur einem einzigen Charakter des Films ein Leitmotiv zuzuweisen.

So sind es letztlich lediglich drei Themen, die dem Score zugrunde liegen. Die ersten beiden sind militaristischer Natur, wobei das getragenere zweite (von Steiner «Full Speed Ahead» betitelt) als emotionales Zentrum von The Caine Mutiny dient. Sie vereinen sich im Main Title zu einem schmissigen Marsch, dem der kundige Filmmusikhörer bestimmt schon in Form der ein oder anderen Neuaufnahme begegnet ist. Das dritte ist ein Liebesthema, basierend auf «I Can’t Believe That You’re In Love With Me», einem 1926 geschriebenen Song von Jimmy McHugh und Clarence Gaskill, das nebst Bearbeitung im Underscore auch als Vokal-Version und als von George Duning arrangiertes Instrumental vorliegt.

Wie man anhand des Marsches sogleich erkennen kann, scheut sich Steiner nicht vor unverhohlenem Patriotismus, den er gerne mit bekannten Melodien wie «The Marines› Hymn» ausschmückt, und das geht dann im Verbund mit nicht allzu subtiler Dramatik in Tracks wie Lost Paravane oder Yellow Streak ganz ordentlich zur Sache. Dem entgegen wirken gefühlvolle Auftritte von «Full Speed Ahead», und für Auflockerung ist ein wenig Humor besorgt, wenn etwa in Top To Bottom die Flöten «Sailor’s Hornpipe» anstimmen. Mit Humor sollte man auch die Bootsmannpfeife nehmen, deren kurzer, durch Mark und Bein gehende Pfiff zwei- dreimal ohne Vorwarnung die Ohren malträtiert.

Das Liebesthema hat in Love In The Valley seinen grossen Auftritt, wo sich nicht nur die Streicher (ein Solo-Cello inklusive) der Melodie annehmen, sondern Steiner auch die vorzüglich präsentierte Landschaft des Yellowstone-Nationalparks in bisweilen an Bernard Herrmann gemahnende Klänge fasst. In Mental Disorders und Queeg Rants manifestiert sich der Geisteszustand des Kapitäns, der während eines Taifuns (eindrücklich angekündigt in Storm Warning) ‒ mental endgültig über den Jordan geht. Danach verabschiedet sich Steiner während der packenden Gerichtsverhandlung mehr oder weniger für eine gute halbe Stunde vom Geschehen und lässt dann in End Title den Film mit «Full Speed Ahead» angemessen ausklingen.

Dieser routinierte Score gehört kaum zu Steiners besten Werken, hat jedoch wegen des Films trotzdem eine nicht zu unterschätzende Bedeutung. Das zeigt sich alleine schon an den astronomischen Summen, die Sammler für die berühmt-berüchtigte RCA-LP hinblättern. Das mag aber letztlich eher daran liegen, dass es sich dabei um die wohl rarste Veröffentlichung der Filmmusikgeschichte handelt. Die LP wurde wegen der darauf enthaltenen, kompletten Gerichtsverhandlung für Wouk zum Stein des Anstosses und deshalb noch vor dem offiziellen Verkaufsstart zurückgezogen; nur wenige Exemplare entgingen der Vernichtung. Aus rein filmmusikalischer Sicht ist diese Scheibe indes nicht das Gelbe vom Ei, befindet sich doch nur auf der einen Seite Score, und der enthält zu allem Übel auch noch Dialoge und Effekte.

Dank Intrada kann aber nun Max Steiners The Caine Mutiny erstmals komplett und ungestört genossen werden, und das im Vergleich zur LP erst noch zu einem mehr als moderaten Preis. Der Käufer bekommt einen grundsoliden Golden-Age-Score, der grossen Hörspass bereitet und dazu animiert, sich den stets gerne gesehenen Film wieder mal anzugucken.

Andi, 6.7.2017

 

 

 

 

 

 

 

 

 

1 Kommentar

  1. Eine Klasserezi zu einer zwar nicht besonders favorisierten oder starken Steiner Musik, aber der Film alleine ist es wert auch die Musik zu haben!

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