kurz und knapp 14

STAR TREK: BEYOND
Michael Giacchino (Varèse Sarabande)

Beyond ist bereits der dritte Teil in der Reboot-Reihe eines Phänomens, das seit mehr als vier Jahrzehnten andauert, allerdings ist es den Machern nicht mehr gelungen an den grossen Erfolg der ersten beiden Teile von J.J. Abrams anzuknüpfen. Während dieser vollauf mit Star Wars beschäftigt ist, wurde mit Justin Lin ein auf den ersten Blich recht spezieller Regisseur ausgesucht, der bis anhin vor allem die Schnellfahrergemeinde und Autofreaks bediente (diverse Fast and the Furious Filme). Immerhin blieb neben dem Cast auch der Komponist, und das ist für uns ja die Hauptsache, der Franchise treu. Doch seine Musik ist gegenüber Teil 2, nach einem ruhigen Beginn (hier besonders schön Track 3 „Night on the Yorktown“, voller Emotionen und Gefühle) nochmals eine Spur düsterer und an Action reicher geworden, die emotionale Seite eines Into the Darkness ist weniger zu spüren. Eher stiefmütterlich behandelt Giacchino in Star Trek: Beyond das in den Vorgängern verwendete Hauptthema in in seiner Urversion, doch wenn es erklingt, gewinnt der Score sofort wieder an Form. Manchmal bricht Giacchino sein Thema und das Zweitthema (für Action und Spannung reserviert) und verschachtelt es in kleine und kleinere Versionen. Sicher, es dauert ein bisschen, bis man sich hier richtig eingehört hat, dann aber findet man einiges an Abwechslung in diesem Score – ein mustergültiger Giacchino ist Star Trek: Beyond allemal.
4 Phil

GHOSTBUSTERS
Theodore Shapiro (Sony Music)
Das Ghostbusters-Remake (2016) von Regisseur Paul Feig ist gegenüber dem „heiligen“ Original von 1984 recht frei, jedoch durchaus unterhaltsam ausgefallen. Ähnliches gilt auch für die Musik von Theodore Shapiro. Dass für ihn kein Weg am ikonographischen Hauptthema von Ray Parker Jr.‘s Originalmusik vorbeiführt, dürfte ihm klar gewesen sein, weshalb er hiervon dezidierte Statements gelungen in seine Musik einfügt. Damit sind die musikalischen Parallelen zum Original von 1984 dann aber auch schon zu ende. Shapiros Ghostbusters-Musik ist bedeutend epischer und ernster ausgefallen, als Bernsteins‘ quirlige Musik von 1984. Orchester, Chor und Orgel bieten nach dem eher atmosphärischen Albumstart eine unterhaltsame Tour-de-Force, welche sich bis zum Schluss hochschaukelt. Bis auf wenige Längen in der ersten Albumhälfte ist Theodore Shapiro damit eine wirklich tolle, teils verspielte, thematische Filmmusik gelungen und damit seine unterhaltsamste Arbeit seit The Secret Life of Walter Mitty (2013). 
4 Basil

DELTA FORCE 2
Frederic Talgorn (Intrada)
Einst galt Frederic Talgorn als das grosse Filmmusiktalent, das dereinst den Sprung über den grossen Teich schaffen würde. Leider hat das nie ganz geklappt. Bis heute zeigt sich seine Filmografie überraschend dünn, auch die europäische, trotz dessen er sein Können unter anderem anfangs seiner Karriere mit The Temp und dem pfeffrigen Robotjox unter Beweis stellen konnte. Nun brachte Intrada gleich den gesamten Score zum Chuck Norris/Golan-Globus Machwerk Delta Force 2 heraus und man fragt sich, wenn man die 76 Minuten der ersten Scheibe durchgestanden hat, wieso ums Himmels Willen es diese Veröffentlichung gebraucht hat und wer wohl daran Freude haben wird? Oh, die CD beginnt mit einem starken Track („The Bear Pit“) für Orchester, doch danach folgen viele elektronische Stücke, die versuchen so zu klingen als sei ein Orchester am Werk. Das war 1990 freilich nicht zu bewerkstelligen – und so klingt es denn auch: Billig. 
Das Geheimnis der Synthiefamilie war eh und ja sich als Zusatzklangfarbe zu etablieren oder wenn für sich, dann als eigenständige Idee, insbesondere zu jener Zeit (heute hat sich die Geschichte leider wieder gewandelt und in einem handelsüblichen Mac bringt man eigentlich alles unter). Talgorn kann einem fast leicht tun, sein Budget muss minimal gewesen sein und die Herren Golan und Globus dürften auf das Resultat bestanden haben. Einzig die 21 Minuten Orchestersuite auf CD 2 (die übrigens keine Neuveröffentlichung darstellt) machen wirklich ein wenig Spass. Dazu wäre allerdings keine Doppel-CD für 29.95 Dollarchen nötig gewesen, nicht wahr Intrada? Schnell, schnell ins Gestell damit.
1.5 Phil

SUICIDE SQUAD
Steven Price (Sony)
Seite einer gefühlten Ewigkeit ist Regisseur David Ayers Suicide Squad (2016) in den Branchenmedien gehypt worden. Das Ergebnis konnte die damit erzeugten hohen Erwartungen dann letztlich jedoch nicht bedienen, fiel bei den Kritikern durch und brach auch keine Box-Office-Rekorde. Selbiges trifft auch auf die Filmmusik von Steven Price zu. Nach seinem hervorragenden, facettenreichen Soundtrack zur BBC-TV-Miniserie The Hunt (2015) verfällt auch Price hier in die stereotyp gewordene Superhelden-Klangwelt à la Man of Steel (2013) und Konsorten – überwiegend dunkles, über-ernstes, elektronisches Mood-Scoring. Dies ist besonders daher enttäuschend, da das Marketing dieses Films und damit letztlich auch das CD-Cover auf knallige Farben setzen. Demnach hätte man einen überdrehteren, selbstironischeren und abwechslungsreicheren Score erwartet. Das Hauptthema, präsentiert in „Task Force X“, ist zwar gelungen und dessen punktuelle „Ausbrüche“ im ansonsten anonymen Klangkosmos sind wie Oasen in der Wüste, doch vermögen diese Einwürfe nicht über die Gesamtdauer von 72 Minuten zu unterhalten. Für die individuelle Playlist dürften daher die Stücke „Task Force X“, „The Squad“ und „The Worst of the Worst“ mit tollen Hauptthemenstatements drin ausreichen.
2 Basil

MICHELE STROGOFF – IL CORRIERE DELLO ZAR
Marco Frisina (Kronos Records)
Marco Frisina hat vor einiger Zeit mit seiner Vertonung des Stummfilms Christus auf sich aufmerksam gemacht, dabei ist er mit 58 alles andere als ein Newcomer, wenn er auch spät, 1993, mit dem Filmmusizieren begonnen hat. Für Michele Strogoff-Il Corriere dello Zar, einem italienischen TV-Film aus dem Jahre 1999, hat Frisina eine bewegende, epische Musik geschrieben, angeführt von einem pompösen Hauptthema („Michele Strogoff – Titoli di testa“), einer mitreissenden Musik für die Tartaren („Assalsto Tartaro“) und einem gelungen schönen Liebesthema, das in „Tema di Nadja“ zu hören ist. Die rund 45 Minuten Musik sind allemal mehr als nur einen Versuch Wert, auch wenn man vom Komponisten sonst noch nichts kennt. Schöne Filmmusik mit einer Empfehlung für Liebhaber traditioneller, vielseitiger Filmmusik, erstaunlicherweise (oder eben nicht?) „nur“ fürs TV.
4 Phil

BEN HUR
Marco Beltrami (Sony)
Es bedarf keinen Ausführungen: Ben-Hur von Regisseur William Wyler aus dem Jahr 1959 und dessen Filmmusik von Miklós Rózsa geniessen wohlverdient unumstösslichen Klassikerstatus. Unantastbar. Und nun kommt Regisseur Timur Bekmambetov daher und präsentiert ein knalliges, schnelles, actiongeladenes Remake für’s Kino des 21. Jahrhunderts. Die Musik dazu komponierte Marco Beltrami. Beides kommt an das Original von 1959 nicht heran – dies war zu erwarten, macht Sinn und soll daher an dieser Stelle auch nicht weiter betrauert oder kritisiert werden. Doch auch als reines, episches Actionkino fürs Jahr 2016 betrachtet, fallen der Film und die Filmmusik letztlich durch. Beltrami komponierte für Ben-Hur ein stimmiges Hauptthema, welches das Album melodramatisch („Ben-Hur Theme“) und episch, kraftvoll („Jerusalem 33 A.D. / Sibling Rivalry“) eröffnet. Dies lässt hoffen. Doch was folgt sind etliche weitere, ähnliche Hauptthema-Statements und viele laute, anonyme Actionstücke, die im vertrauten Blockbuster-Stil bedeutungsschwanger vor sich hin donnern und grollen – was besonders enttäuscht, wenn auch für 2016-Filmmusik wenig überrascht. Nach 66 Minuten programmiert man sich das Hauptthema mit den Stücken „Ben-Hur Theme“ und evtl. noch mit „Training“ in die Beltrami-Playlist und der Rest ist vergessen. Ob ein anderes Ergebnis, näher der 1959er-Version bei dieser Ausgangssituation möglich gewesen wäre, muss bezweifelt werden. Enttäuschend ist es dennoch.
2 Basil

THE MONKEY KING 2
Christopher Young (Intrada)
Nach dem fulminanten und von Fans hochgelobten Original verpflichtete die chinesische Produktionsfirma ein weiteres Mal Christopher Young. Dieser fand sich aber plötzlich in einer Situation, die er nicht erwartet hatte. Anders als The Monkey King, der im Himmel und in Wolken spielte, war Teil 2 von bodenständiger Natur. Auf der Erde lässt sich weniger opulent ausschweifend schreiben und so ist Monkey King 2 eben eine Spur mehr… erdgewannt. Soll heissen, das bildgewaltige, das Young in Teil 1 so wundervoll in seine Musik einfliessen liess, geht hier etwas verloren. Das heisst aber nicht, the Monkey King 2 sei kein attraktiver Score. Im Gegenteil, auch hier weiss Young mit seinen Themen umzugehen und sie gekonnt einzusetzen: „Guanyin Pusa, The Bat Demon“ und „Sha Heshang, The Sand Monk“. Abgeschlossen wird der Score mit dem saustarken „Sun Wukong, the Monkey King“, das ist Young vom Besten! Sympathisanten von Teil 1 sind nach dem ersten Hörgang vielleicht enttäuscht, doch gibt man The Monkey King 2 ein, zwei weitere Chancen wird auch diese Musik für einige angenehme Hörstunden sorgen. 
Der tiefe Mönchschorgesang übrigens stammt von Young selber. Er machte dies eigentlich fürs mock up, zu seinem Erstaunen landetet es im Score.
Feine 75 Minuten Filmmusik, da stören auch die E-Gitarren und Schlagzeug Momente in „Balilongma, The White Dragon Horse“ nicht, im Gegenteil, sie geben dem Track Pep und Pfiff! Für die letzten 4 Tracks gäbe es eine satte 4.5, insgesamt eine…
4 Phil

SNOWDEN
Craig Armstrong, Adam Peters
Für Oliver Stones jüngsten Polit-Skandal-Thriller Snowden (2016) wurden sogleich zwei Komponisten verpflichtet: Craig Armstrong und Adam Peters. Gemäss Booklet-Text schien Armstrong die orchestrale Musik beizusteuern, da sechs der sieben von ihm komponierten Stücke mit dem London Sinfonietta Orchester und den London Voices eingespielt wurden, wobei auch hier viele Synthesizer mitmischen und das verwendete Ensemble enttäuschend blass bleibt. Der Kontrast von Armstrongs Musik gegenüber den überwiegend elektronischen Kompositionen von Adam Peters fällt weniger stark aus, als man das aufgrund der Booklet-Credits allenfalls erwarten könnte. Das Label veröffentlichte separat ein zweites Album, auf welchem nur Armstrongs Musik drauf ist (digitale Veröffentlichung). Allenfalls gibt sich diese Armstrong-only-Präsentation orchestraler. Armstrongs Musik schürt zwar definitiv mehr Emotionen als die überwiegend unterkühlten, funktionalen Klänge von Peters, doch plätschern auch Armstrongs Beiträge durchgehend ruhig und somnambul vor sich hin, ohne punktuell wirklich überrascht aufhorchen zu lassen. Das Thema von Armstrong ist überraschend „luftig“, kindlich und „unbeschwert“ für einen Thriller zur Person Snowden. Überhaupt klingt die Musik nach einer Art Cross-Over von Social Network (2010; Trent Reznor & Atticus Ross), Ruby Sparks (2012; Nick Urata) und (500) Days of Summer (2009; Mychael Danna & Rob Simonsen) – etwas merkwürdig und (zu) easy-breezy. Nur punktuell sorgen Peters‘ Beiträge für abgründigere, finstere, konspirativere Stimmungen. Ein Mix, der leicht auf den Ohren, jedoch schnell wieder vergessen ist.
2 Basil

AMERICAN FLYERS
Lee Ritenour, Greg Mathieson u.a. (Varèse Sarabande)
Varèse fährt fort mit Veröffentlichungen älterer Musiken von Labels, die unter einem neuen Firmenhut versammelt wurden. Hier nun ist es Dave Grusins einstiges Label GRP, das 1985 das Album zu John Badhams Radrennfahrerfilm herausbrachte. Lee Ritenour und Greg Mathieson teilen sich den Screencredit. Ritenour ist seither zu einem gefeierten Jazzgitarristen (der auch regelmässig mit Grusin tourte), 1985 am Beginn seines Karrieresprungs als Solomusiker stehend. Der Gitarrist war zu jener Zeit desöfteren im Film tätig, so stammt etwa das Liebesthema zu An Officer and a Gentleman von ihm und er spielte er desöfteren in Scoring Sessions. Greg Mathieson ist ein Keyboarder, der mit Donna Summer oder Barbra Streisand gearbeitet hatte, aber auch in Mordoders Midnight Express als Musiker vertreten war. 
American Flyers wurde von John Badham mit Kevin Costner inszeniert nachdem sich Peter Yates (man mag sich vielleicht an den anderen US-Radrennfilm American Flyers erinnern). Auf der CD finden sich fünf Songs (u.a. interpretiert von Chris Isaak und Creedence Clearwater Revival) sowie rund 25 Minuten Score. An diesem nagt zweifellos der Zahn der Zeit, typische anfangs bis Mitte 80er Jahre Sounds, als Midi und Digitalsynthesizer die analogen Klänge verdrängte. Aufgepeppt wird der Score mit Ritenours Gitarrenspiel, hie und da etwas Orchester, dennoch bleibt American Flyers eher etwas für die die Fangemeinde von Ritenour.
2.5 Phil

10.9.2016