First Knight (La-La Land)

Anfangs der 90er Jahre versuchte Goldsmith bei Action- und Thrillerprojekten etwas kürzer zu treten, ganz gelungen ist ihm das allerdings nie. Dennoch entstanden in dieser Zeitspanne Werke wie Angie, Six Degrees of Separation, Powder oder Kompositionen, an denen Goldsmith bis zu seinem Tod sehr viel lag: Rudy und First Knight. Letzterer ist eine ziemlich missratene Hollywood-Version der Arthur-Legende, ein Mischmasch aus „künstlerischer Freiheit“ und klischeebeladenen Szenerien, bei dem eigentlich nur noch einige Namen an die mystische Sage erinnern. Gipfel des Machwerks ist Richard Gere als Lancelot, der wie ein Cowboy über Englische Felder reitet (und redet…) um seine Angebettete gleich mehrfach vor dem Unhold Malagant zu retten, eine richtig „schöne“ Fehlbesetzung. Es entstand ein dumpfes Werk ohne den Verve und Schmiss von Golden Age Produktionen wie Knights of the Round Table oder die Mystik von Excalibur. Wie so oft ist Goldsmiths Musik das mit Abstand beste an der Produktion.

First Knight bot Jerry Goldsmith die Möglichkeit all das zu vereinen, was er seiner Meinung nach in den Zeiten der actionbeladenen 80er so oft „unterdrücken“ musste und an was ihm eigentlich am meisten lag: Grosse Romantik, Liebe und ungezügelter Heldentum. Für viele Fans zählt First Knight zu seinen besten, zweifellos jedoch zu seinen populärsten Musiken der 90er Jahre.

Der Hörgenuss gegenüber der Original-CD von Epic, die knappe 40 Minuten lief, könnte nicht grösser sein. Mir war die alte Scheibe immer zu „Highlight“-lastig, zu wenig filmmässig, zu glatt produziert. Hier haben wir nun eine Filmabfolge, die toll zum Anhören ist, nicht zu lang ist und wie aus einem Guss erscheint. Goldsmith hat für First Knightwirklich genug gutes Material komponiert und mit viel Variantenreichtum ausgestattet, um es auch in seiner Gänze präsentieren zu können.

Ich möchte jedenfalls nicht auf knackige Actionstücke wie Boat Trip, den rein perkussiven Track Gauntlet Drums, das schmissige The Gauntlet/No Kiss oder das martialisch opulente The Cave verzichten. Oder auf das Mehr an Lancelot-Material, das wir in den 79 Minuten zu hören bekommen.

In der Tat, die Musik hat den Schmiss und den Charakter, die dem Film abgehen und wenn Goldsmith in Arthur’s Farewell in die Vollen geht und Orchester und Chor Arthurs finalem Kampf und in Never Surrender(prächtig hier das Camelot Thema) den gefallenen König auf seinem letzten Weg begleiten, dann ist nicht nur Regisseur Jerry Zucker ergriffen! Er wollte für die Arthur’s Farewell Sequenz zunächst übrigens „Carmina Burana“ verwenden, doch Goldsmith befand dieses für nicht passend und komponierte trotz grossem Zeitdruck sein unvergessliches Stück, ein prächtiges Werk für Chor und vollen Orchestereinsatz.

Goldsmith hat einige bemerkenswerte und eingängige Themen für First Knight geschrieben: Das majestätische Thema für Arthur, das im Score am meisten Verwendung findet, das noble Thema für Lancelot (nicht weit von jenem von Arthur entfernt), ein edles Motiv für Camelot, ein zuckersüsses Liebesthema (Gunievere), ein Motiv für den Bösewicht Malagant, Fanfaren (To Leonesse) und Motive für die Actionsequenzen.

Die Lalaland CD präsentiert den gesamten 79 minütigen Score auf CD 1 plus die 95er Soundtrack Version und alternative Stücke auf CD 2. Abzüglich der Suite auf dem Bootleg aus dem Jahre 2000 und die Bonusstücke nicht eingerechnet also knapp 10 Minuten mehr Musik als auf jenem, wobei ich den direkten inhaltlichen Vergleich nicht gemacht habe (die richtig benannten Tracktitel der Lalaland Scheibe unterscheiden sich deutlich von denen der Bootleg-CD, auch die Epic Scheibe verwendet andere teilweise andere Tracktitel).

Einen Lacher erntet jenes Stück Amerikanismus, das sich im Booklet findet: „More recently, the 1995 film has been viewed as a kind of prophetic 9/11 allegory with Arthur as a humanistic leader who falls short in dealing with a kind of terrorist threat in the form of Malagant.“ Kurios.

Ganz klar: Wem Lionheart gefallen hat, wer von Rudy ergriffen war, der wird auch an First Knight seine wahre Freude haben. Und wer gerne den unvergleichlichen Gehalt einer ganzen Filmmusik hört, der muss bei dieser Edition zugreifen.

Phil, 2.5.2011

 

FIRST KNIGHT

Jerry Goldsmith

Lalaland Records LLLCD 1168

CD1: 78:50 Min. / 24 Tracks
CD2: 67:53 Min. / 17 Tracks

Limitiert auf 5000 Stück

 

 

 

 

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