Under the Mountain

Victoria Kelly scheint eine vielbeschäftigte Frau zu sein: Ihren Soundtrack für den neuseeländischen Abenteuerfilm Under The Mountain mit Sam Neill ließ sie von zwei Männern orchestrieren, sie hatte für ihre Musik einen Dirigenten und war nicht einmal bei den Aufnahmesitzungen des finalen Scores dabei, wie sie sich im Booklet entschuldigt.
Um den Verriss gleich vorweg zu nehmen: Vorliegende Musik klingt auch, als hätte sich die Komponistin hierfür nicht sonderlich viel Zeit genommen.

Im Großen und Ganzen klingt Under The Mountain wie ein kompositorischer Flickenteppich, für den alle möglichen Kunstgriffe, welche im Handbuch für junge Komponisten stehen, zusammengeworfen und miteinander kombiniert wurden – dabei verloren gegangen sind Gefühl für differenzierte Orchestration, Eleganz, Melodie und eine eigene Handschrift.

Doch was erwartet den Hörer bei vorliegender Musik überhaupt? Im Prinzip nichts Anderes, als das, was man in den letzten Jahren bereits zur Genüge gehört hat. Zwar kommt Kelly ohne den Einsatz krawalliger Electro Samples aus, doch sind die Mittel, derer sie sich bedient, um Spannung zu erzeugen, nicht weniger plakativ und simpel. Für die Schockeffekte lässt sie knallige Hörner laut werden, ebenso gibt es vereinzelte Paukenschläge, ein Streicherteppich, hier und da col legni der Celli. Damit das Sammelsurium der Horrormusik-Klischees auch ausgeschöpft wird, ertönen Streicherglissandi à la Herrmanns Psycho; einfache Streicherrhythmen in 16tel-Noten wie in „End of the Road“ gehören da noch zu den Lichtblicken, denn Kelly bietet die gesamte Partitur über nichts Neues.

Das an sich wäre sicherlich nicht schlimm, wenn sie in ihrer Musik einige spannende Momente zu bieten hätte, die kompositorisch überzeugen würden. So wie sie die Actionmomente konzipiert hat, wirkt es leider arg unbeholfen, sind es schließlich immer dieselben Paukenschläge, darüber die lauten Hörner, die meistens zwei lange Töne spielen und dazu noch ein vor sich hin brummender Streicherhintergrund. Am gelungensten von allem ist Track 25, „The Gargantua Rises“, in dem Kelly ein Melodienfragment anklingen lässt und es von passenden Nebenstimmen begleiten lässt. Ein Lichtblick deshalb, weil ansonsten ein Thema, das der Musik etwas Farbe verliehen hätte, schmerzlich vermisst wird.

Hinzu kommt, dass das Album zum Großteil gar nicht aus Actionpassagen, die, wie erwähnt, kompositorisch sehr leichtfüßig und belanglos sind, besteht sondern vor allem aus Suspensepassagen, die musiktheoretisch genausowenig überzeugen, darüber hinaus aber noch weniger unterhaltsam, da leiser angestimmt sind.

In den meisten Spannungspassagen stehen die Streicher im Vordergrund, lange Akkorde darbietend, höchstens unterbrochen von dezenten Paukenschlägen oder Crescendo-spielenden Bläsern. Auf die Dauer ist dies durchaus anstrengend, da keineswegs unterhaltsam, vielmehr brodelt die Musik über eine viel zu lange Zeit vor sich hin, läuft nicht weiter störend im Hintergrund, fällt nicht sonderlich auf, während man anderen Beschäftigungen nachgeht. Auch das ist eine vertane Chance, schließlich hätte man durch Motivfragmente von z.B. Zupfinstrumenten den Suspensepassagen einiges abgewinnen und sie bereichern können. Dass dies nicht geschehen ist – wahrscheinlich weil Madame Kelly zu beschäftigt mit anderen Sachen war – geht auf Kosten des Hörers, dessen Nerven hier teils arg strapaziert werden, da man von Zeit zu Zeit durch plakative Schockeffekte aufgeschreckt wird. Den meisten Hörern dürfte dies nicht mehr als ein müdes Lächeln abringen, da vorliegende Musik absolut farblos geraten ist, simpel und ohne eigene Handschrift.

Die Anklänge an Hollywood-Scores, die teilweise stark durchkommen, sind ebenfalls nur ermüdend, denke man nur an John Debneys Lair-Musik, welche mithilfe mehrerer Themen, einem wuchtigen Orchesterapparat sowie geschickter, bombastischer Orchestration gut zu unterhalten wusste.

Unterm Strich bleibt zusammenfassend nochmals zu sagen, dass Under The Mountain nichts weiter ist als ein Flickenteppich, eine Ansammlung diverser Kunstgriffe, wild zusammengewürfelt für kompositorisch äußerst schwache, nichtsssagende Actionstücke, durch die der Hörer aus seinem Halbschlaf, in welchen er durch uninteressante Suspensepassagen gefallen war, geweckt wird – wenn auch nur für kurze Zeit.

Vielleicht wären hier anderthalb Sterne gerechtfertigt gewesen, um jedoch den Vergleich mit anderen Scores dieser Art (wie etwa Attila the Hun) zu wahren, sind hier zwei Sterne – wenn auch zwei sehr schwache – gegeben.

Stephan, 28.3.2010

 

UNDER THE MOUNTAIN

Victoria Kelly

Moviescore Media

60 Min. / 27 Tracks

 

 

 

 

 

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