A Tribute to Michael Kamen

Es ist immer so eine Sache mit Filmmusikkonzerten oder solchen Best-Of-Neuaufnahmen. Entweder das Ergebnis ist so unbefriedigend wie die Hollywood in Vienna Aufnahme, wo man statt längerer Suiten auf kurze Highlights-Aneinanderreihungen setzte und damit dem Werk vom Schlage eines James Horners nicht gerecht werden konnte. Oder es happert an der Qualität der Einspielung. Im schlimmsten Fall sogar beides. Eine grossartige Ausnahme ist die Jerry Goldsmith SUITES & THEMES aus dem Jahr 1989, die zeigt wie man Themen geschickt aneinander reihen kann um einen musikalischen Fluss beizubehalten, ganz abgesehen von der wunderbaren Einspielung des Philharmonia Orchesters in london – vielleicht eine der besten Konzerteinspielungen überhaupt. Zweifellos gäbe es auch andere, leider stehen nicht immer eine Aufnahmecrew und ein Label bereit.

Quartet Records zollt mit A TRIBUTE TO MICHAEL KAMEN dem englischen Komponisten, eben, Tribut, dessen Todestag sich im November zum 15. Mal jährt. Michael Kamen war ein stets offener, netter und ehrlicher Gesprächspartner, das können viele Kollegen sicher unterstreichen, so wie es sie bereits damals und ganz besonders heute nur noch wenige gibt. Nicht nur deswegen vermisst die Filmmusikwelt diesen Komponisten, der seinem musikalischen Stil immer treu blieb, sei es für grosse Hollywood Blockbuster oder für kleinere, intimere Filme.

A TRIBUTE TO MICHAEL KAMEN wurde anlässlich des Movie Score Malaga Festivals 2016 vom Qrquesta Filarmónica de Málaga unter der Leitung von Pablo Urbina eingespielt. Der erst 30jährige Dirigent hat seinen Abschluss am Royal College of Music gemacht und diverse namhafte Orchester dirigiert. Doch gleich zu Beginn… wo ist IRON GIANT? Wäre eine gute Gelegenheit gewesen, diesen wundervollen Score in ein Konzert einzubinden.

Die CD beginnt mit der „MOSMA Fanfare“, die allerdings nicht von Michael Kamen stammt und sich irgendwie eher nach Goldsmith meets Williams anhört. HIGHLANDER ist das erste und durchaus willkommene Stück aus der Feder vom Michael Kamen und man fragt sich, wann es denn endlich soweit ist bis Kamens Score zu diesem Überraschungserfolg mit Christopher Lambert und Sean Connery endlich auch offiziell ihre Würdigung als CD findet. Es folgt das leidenschaftlich schmelzende „Dona Ana“ aus DON JUAN DE MARCO in einer gelungenen 6 Minuten Suite ehe die „Action Suite“ das aufzeigt, wofür Kamen schliesslich bekannt werden würde, seine unnachahmlich dichten und komplexen, nicht einfach anzuhörenden Genrescores. Hier sind LICENCE TO KILL, DIE HARD, LETHAL WEAPON 2 und etwas aus dem Rahmen fallend FROM THE EARTH TO THE MOON (noch so eine Musik, die es schon längst auf CD geben müsste) zu hören. Das Orchester tut sein möhlichstes, wenn auch der ein oder andere Ausrutscher in den verflixt schwierigen Passagen zu hören sind. Nun folgt mit MR. HOLLAND’S OPUS ein Stück, das für ein solches Konzert wirklich wie gemacht ist. Leider sind die Musiker ausgerechnet hier nicht ganz auf der Höhe und können die Erwartungen an dieses schöne Stück nicht erfüllen. Schade.
Mit 101 DALMATIANS und JACK geht es danach in die „Comedy Suite“, ganz hübsch. Die 12:34 Minuten dauernde Suite aus THE ADVENTURES OF BARON MUNCHHAUSEN wiederum ist eine feine Sache, schade aber, dass hier das Cembalo nicht zu hören ist, anders als im Score, wo es einen wichtigen Part spielte. Zumindest eine elektronische Lösung hätte man finden können. Weiter geht es mit ROBIN HOOD: PRINCE OF THIEVES, eine Musik, die erst vor einigen Monaten eine tolle Veröffentlichung erhalten hatte. Hat man diese noch im Ohr, umso schwerer hat es die Konzerteinspielung. Vor allen Dingen im Blechregister sind so einige Probleme hörbar, insbesondere die Trompeten zeigen Mühe. EDGE OF DARKNESS hatte ich nicht präsent und es purzelte immer wieder der Mel Gibson Film, bei dem Howard Shore damals von John Corigliano übernhm, durch die Hirnwindungen, aber dieses rund 6 Minuten dauernde Stück stammt vom Score zur sechsteiligen BBC-Miniseries aus dem Jahr 1985, zu der Kamen gemeinsam mit Eric Clapton die Musik schrieb. Der Stoff der Miniseries ist übrigens der gleiche wie jener des Films mit Mel Gibson. Abgeschlossen wird die CD mit dem wundervollen Titelthema aus BAND OF BROTHERS.

Michael kamen selber dirigierte 1998 die Aufnahmen für gelungen eingespielte CD MICHAEL KAMEN’S OPUS, die bei Decca erschien. Wer mag kann das ein oder andere Stück vergleichen, doch A TRIBUTE TO MICHAEL KAMEN hält , das darf man behaupten, das spannendere Material bereit, wenngleich die Einspielung leider zu wünschen übrig lässt. Schade haben weder IRON GIANT oder mit SUSPECT ein persönlicher Kamen Favorit meinerseits keine Aufnahme ins Programm gefunden. Und SOMEONE TO WATCH OVER ME, der Ridley Scott Film mit Tom Berenger, braucht nach wie vor ein Release. Hallo, hört mich jemand? Intrada, La-La Land, Quartet?

Also, keine schlechte Sache, diese CD, aber auch nicht der Dauerbrenner, der fortan für Wochen den CD-Player einnehmen wird. Dazu fehlen es Orchester und Aufnahme an Schmiss und Energie, insbesondere aber fehlt mir die Kraft, die ein Kamen Score auszeichnete, die Komplexität, das Spiel von leiseren und richtig lauten Passagen, das hier nicht gut genug rüberkommt.

Phil, 6.8.2018

A TRIBUTE TO MICHAEL KAMEN

Michael Kamen

Quartet Records

74 Min.
10 Tracks