Star Wars: The Force Awakens

11 Jahre sind vergangen seit George Lucas mit seinen Prequels beinahe, so man manchen Fans glauben will, die Franchise killte. Das lag einerseits an der Sterilität mit der er Phantom Menace, Attack of the Clones und Revenge of the Sithausstattete, andereseits an der Wahl einiger Schauspieler, die den von uns Schwärmern zugegebenermassen auferlegten hohen Ansprüchen oft nicht gerecht werden konnten und nicht zuletzt an der Tatsache, dass Lucas deutlichst versuchte ein sehr junges Publikum anzusprechen anstatt die Fans der ersten drei Filme, die zwar 20 Jahre älter geworden sind aber eben doch eine immense Fanbase bilden. Von diesen kamen denn auch die härtesten Kritiken, insbesondere Teil 1, Phantom Menace mit der Erschaffung von Jar Jar Binks und der völlig missratenen Besetzung des kindlichen Anakins. Teilweise erfüllen konnte eigentlich nur Revenge of the Sith das, was man sich von Star Wars in etwa versprach.

Als Lucasfilm und alles drum und dran an Disney verkauft wurden, war die Zuversicht, dass es wohl mit den erhofften Teilen 7 bis 9 weitergehen könnte, zwar gross, doch irgendwie traute man gerade diesem Studio nicht wirklich zu die Serie wiederbeleben zu können. Ein Hoffnungsschimmer tauchte schliesslich am Horizont auf, als JJ Abrams als Regisseur beauftragt wurde und die alte Gilde um Harrison Ford, Carrie Fisher und Mark Hamill ihre Rollen wieder aufnehmen würden. Jetzt wurde es spannend. Im Netz folgte nicht erst daraufhin ein wahrer Spoiler-Wettstreit, dem sich der Schreiber ebenso verschloss wie irgendwelche Bilder oder Trailer vorab zu sehen. Auch die Musik musste warten bis kurz nach dem mit Vorfreude ersehnten Kinobesuch.

Kann man sich einen Star Wars Film ohne John Williams vorstellen? Eigentlich nicht. Ausserdem war die CD die mit Sicherheit am meisten erwartete Filmmusik des vergangenen Jahres. Und so kam es, dass der Veteran zwar für Spielbergs Bridge of Spies absagen musste jedoch für The Force Awakens zusagte. Ein Dämpfer, dass der Klangkörper des London Symphony Orchestras erstmalig nicht zur Verfügung stand, Williams musste teilweise auch das Dirigentenpult anderen überlassen. So übernahm Gustavo Dudamel für die Anfangs- und Schlusstitel und zwei weitere Tracks den Taktstock, William Ross, der auch als Orchestrator figurierte für einige andere Stücke den Taktstock. Es ist zu hoffen, dass Williams› Gesundheitszustand einem weiteren Engagement für Episode 8 und 9 nicht im Wege stehen wird.

Als nun endlich, endlich wieder die ersten Klänge zur Titelkarte „Star Wars“ ertönten, welchem Filmmusikfan stellten sich da nicht die feinen Härchen auf?
Nein, es ist nicht so, dass Williams hier neue Wege beschritt, wieso sollte er auch? Der Film ist bekanntes Territorium, der den Fans das gibt, was sie erleben wollten und vermissten. Helden aus Fleisch und Blut, mit denen man mitfiebern und mitlachen kann.

Ab sofort gilt Vorsicht Spoiler:
So beginnt der Score mit der Star Wars Fanfare (für einmal ungewohnt ohne die Foxfanfare zuvor – es ist Disney, nicht vergessen). Das erste neue Thema („Attack on the Jakku Village“), kurz nach der Titelmusik zu hören, ist der neuen Gefährdung des galaktischen Friedens, der First Order und ihres gewissenlosen Anführers Kylo Ren angedacht, dessen Motiv zumeist von Hörnern und Posaunen intoniert wird. Ren schwingt das Lichtschwert nicht lockerflockig wie ein Jedi, sondern mit Gewalt und Wucht. Das markige Thema passt zu ihm, fängt es doch seine dunkle Seele, die immense Wut, die ihn im brodelt ein.
„The Scavenger“, präsentiert nach Klängen – die mit BB-8, einem nahen Verwandten von R2D2, allerdings mit flotterem Kugelantrieb, in Verbindung gebracht werden können – das Thema unserer neuen Heldin, Rey, die auf einem steintrockenen, von Wüstensand dominierten und heissen Planeten ihrem Geschäft als Schrottjägerin nachgeht, für das nur dürftig mit Nahrung bezahlt wird. In „Rey’s Theme“ wird es in seiner Gänze zu hören sein, es ist dies allerdings keine Filmversion sondern eine Konzertsuite, wie wir sie von Williams in dieser Art kennen. Dem Hörvergnügen dieses feinen Themas, das einen ganz zentralen Charakter in diesem Score spielt, tut das natürlich keinen Abbruch!

„I Can Fly Anything“ ist die erste aufregend lebhafte Raumschlachtmusik in The Force Awakens (weitere folgen), in der der zuvor gefangen genommene Resistance Pilot Poe und der abtrünige Finn in einem gekapperten TIE vom neuen Sternenzerstörer fliehen. Noch eine Schippe mehr legt Williams im brillanten „The Falcon“ drauf, eine Szene, die uns im Film einen wohligen Schauer über den Rücken fliessen lässt beim Anblick der guten alten Mühle von Han Solo. Danach begegnen sich in „Rey meets BB-8“ die Heldin und der Droide zum ersten Mal. Williams lässt BB-8s Motiv als stille, verträumte Klänge erklingen ehe Rey und der kleine Droide sich zum ersten Mal flugs davon machen müssen („Follow Me“), hier ist Finns Thema („Finn’s Theme“) zu hören ebenso wie die Rebelenfanfare, die wir alle aus Star Wars: A New Hope kennen und die Williams fortan öfters anspielen wird. In „Maz’s Counsel“ bekommen wir gar das Force-Theme zu hören, ehe „The Starkiller“ dramatisch ergreifend die neue Superwaffe der First Order und ihre verherrenden Auswirkungen beschreibt. Nebst dem mächtigen Kylo Ren widmet Williams dem Fiesling auch noch ein zweites Motiv, das wir in „The Abduction“ hören.

Erneut bekanntes Star Wars Episode V und VI Terrain beschreitet Williams freilich in „Han and Leia“ mit dem Thema des Liebespaares (bestens bekannt aus „Han and the Princess“ in The Empire Strikes Back, das sich allerdings längst aus den Augen verloren hat und hier seit längerem wieder zusammenfindet („New jacket?“, wie Leia Han flappsig entgegenwirft). Dieses Motiv wird unterbrochen von Kylo Rens zweitem Motiv, einer bittersüssen Leia-Version und dem Force-Thema. Und Williams wäre nicht Williams würde er der neuen Resitance, geführt von General Leia, kein Thema widmen. In einer voll ausgestatteten Version ist es im schmissigen „March of the Resistance“ zu hören. Wem geht da nicht der Zungenschnalzer locker vom Gaumen? Das „Scherzo for X-Wings“ bidlet einen der Höhepunkte der CD (auch dieses eine Konzertversion), es erinnert uns an ähnliche Sequenzen aus den vorangehenden drei Teilen, aber auch an das Scherzo aus Indiana Jones and the Last Crusade.

Snoke ist der neue Oberüberbösewicht, dem Kylo Ren hörig ist und bei dem er seine Ausbildung begonnen hat, bleiern-schwer, mit tiefem Basschorgesang ausgestattet in „Snoke“, (wohl nicht unbewusst) ähnlich jenem aus Revenge of the Sith. „On the Inside“ schliesslich beschreibt einen der dramatischsten Höhepunkte der Franchise und zweifellos des Films überhaupt., während in „The Ways of the Force“ es Rey’s Theme, Kylo Rens zweites und das Thema der Macht sind, die sich im wahrsten Sinne des Wortes duellieren. Abgerundet wird ein wundervoll gelungenes, rundes Album, das eigentlich kaum etwas an nicht erfüllter Erwartung übrig lässt mit „Farewell and the Trip“ und „The Jedi Steps and Finale“.

Abrams gelang was Lucas mit seinen Prequels nicht gelingen sollte, er drehte einen „richtigen“ Star Wars Film. Das liest sich irgendwie schräg wenn man bedenkt, dass Lucas der Schöpfer der Serie ist. Weder Abrams noch Williams haben hier das Rad neu erfunden. Das war auch nicht nötig. vielmehr erwarteten Fans einen Umgang mit einem Stoff, der der Serie gerecht werden würde, das hat Abrams zweifellos geschafft (man bekommt viele, viele Details zu sehen, die Diehard-Star-Wars’isten zweifellos entzücken werden) und von Williams wurde er darin blendend unterstützt. Wie zu lesen war, soll Williams für den Film ja noch einiges mehr an Musik komponiert haben, vielleicht wird es dann anstatt der bereits zu kriegenden Oscarpromo (Download auf der Disney Homepage) doch noch eine Doppel-CD des Scores geben?

Also Vorhang auf für X-Wings, TIE-Fighter, Stormtrooper (in Echt, anders als ihre öden CGI-Klonkrieger-Vorgänger aus Episode I und II), Snowtrooper, Hans Solo, Chewie, Cantina, viel Witz und Charme und einem richtig fiesen Neubösewicht. Die Macht war tatsächlich mit den Machern!

Phil, 2.1.2016

 

STAR WARS: THE FORCE AWAKENS

John Williams

Disney Records

67:13 Min. / 23 Tracks

 

 

 

 

 

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