Star Trek VI: The Undiscovered Country

Aufgrund seines vergleichsweise straffen Budgets standen für Star Trek VI Komponisten vom Schlage eines Goldsmith, Horner oder Rosenman ausser Frage, und vom Gedanken, Gustav Holsts Die Planeten zu verwenden, musste sich Nicholas Meyer ‒ der nach The Wrath Of Khan zum zweiten Mal den Star-Trek-Regiestuhl bestieg ‒ rasch wieder verabschieden, weil die Erben des Komponisten eine Summe forderten, die sich jenseits des Machbaren bewegte. So blieb einzig die Möglichkeit, ein junges, noch bezahlbares Talent zu finden, das befähigt war, nebst Originalmusik auch Holst diesseits der Legalitätsgrenze zu adaptieren. Nach Prüfung mehrerer eingesandter Demotapes entschied man sich schliesslich für den 28-jährigen Cliff Eidelman, der zwar schon einige Filme vertont hatte, nun aber, da er sich ein Sprungbrett ergatterte, das nicht vielen Filmkomponisten vergönnt ist, die Gelegenheit beim Schopf packte und seinen endgültigen Durchbruch schaffte.

Nach dem bescheidenen The Final Frontier zeigt die Qualitätskurve bei The Undiscovered Country wieder nach oben. Der Film greift aktuelle politische Geschehnisse wie den Zerfall der Sowjetunion und den Fall der Berliner Mauer auf und projiziert diese auf die Klingonen, die, weil ihr Heimatplanet dem Untergang geweiht ist, Friedensverhandlungen mit der interstellaren Konföderation aufnehmen. Diese Tatsache berücksichtigt Eidelman und rückt die Klingonen ins Zentrum seines Scores, charakterisiert das Volk jedoch nicht kriegerisch wie Goldsmith oder exotisch wie Horner, sondern geheimnisvoll und düster.

Overture beginnt mit einem mysteriös-gefahrvollen Motiv des klingonischen Raumschiffs «Bird of Prey», für das sich Eidelman bei Strawinsky’s Feuervogel inspirieren liess. Es folgt eine dramatische Steigerung mittels des bekannten Mars-Rhythmus aus Die Planeten,jedoch nicht im ursprünglichen Fünfviertel-, sondern im Vierviertel-Takt, in den sich ein Vierton-Signalruf für die Enterprise mischt. Deren Star-Trek-würdiges Thema, das auch die Courage-Fanfare mit einschliesst, ist erstmals ‒ intoniert von einer Solotrompete ‒ in Clear All Moorings zu hören. Spock’s Wisdom präsentiert das Thema für den Vulkanier, welches mit seinem mystischen Synthesizer als Referenz zu Horners Musik für den Spitzohrigen angelegt ist.

Nebst traditionellem Sinfonie-Orchester verwendet Eidelman ‒ als Novum für Star Trek ‒ einen Männerchor, der in Rura Penthe auf klingonisch und andernorts wortlos singt, eine ganze Batterie exotischer Percussion, die sich in Alien Fight einen Moment lang austoben kann, und ethnische Holzblasinstrumente wie Panflöten, Shakuhachi und Screaming Pipes. All diese Klangkörper dominieren jedoch selten, sondern werden dezent eingesetzt, etwas zu dezent vielleicht, denn gerade in der Langfassung finden sich doch so einige dunkle und bewegungsarme Passagen, die manchen Hörer auf eine Geduldsprobe stellen könnten. Spätestens während des letzten Drittels des Scores dürfte sich aber alles in Wohlgefallen auflösen, denn im 8-minütigen The Battle For Peace/The Final Chance For Peace/The Final Count wird das thematische Material für die Klingonen nochmals packend aufbereitet, in Sign Off und Star Trek VI End Credits Suite das zuvor diskret eingesetzte Enterprise-Thema heroisch eingefärbt, was dergestalt für einen standesgemässen Ausklang sorgt.

Nach diesem für einen relativen Newcomer erstaunlichen Score feierte Eidelman im darauffolgenden Jahr mit Christopher Columbus: The Discovery einen weiteren Achtungserfolg, trotzdem nahm seine Karriere nicht den erhofften Aufschwung, und so gelang es ihm bis heute nicht, in die oberste Liga von Hollywoods Filmkomponisten vorzustossen. Und das gemeinsame Projekt mit Nicholas Meyer, mit dem er seit The Undiscovered Country befreundet ist ‒ die Realisierung einer Star-Trek-Oper ‒ scheiterte bislang an der Finanzierung.

Wie schon Star Trek IV: The Voyage Home, veröffentlicht Intrada auch Star Trek 6: The Undiscovered Country unlimitiert, aber im Gegensatz zu ersterem griff man hier zum inzwischen gewohnten Prozedere, auf einer zweiten CD das Originalalbum mitzuveröffentlichen. Da dieses eigentlich repräsentativ genug ist, dürften sich bei diesem neusten Star-Trek-Produkt also in erster Linie Komplettisten angesprochen fühlen.

Andi, 18.4.2012

 

STAR TREK VI: THE UNDISCOVERED COUNTRY

Cliff Eidelman

Intrada MAF 7117

CD 1: 67:14 Min. / 26 Tracks
CD 2: 45:17 Min. / 13 Tracks

 

 

 

 

 

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