Squanto: A Warrior’s Tale

Es ist selten der Fall, dass man einen Hollywoodfilm aus Schweizer Hand zu sehen bekommt. Oder eben nicht, denn wirklich viele haben Squanto – A Warrior’s Tale des zuvor mit dem Oscar für den besten fremdsprachigen Film (Reise der Hoffnung) ausgezeichneten Xavier Koller nicht gesehen. Die Disney-Produktion erzählt die (wahre, wenn auch abgeänderte) Geschichte des Indianers Squanto, der von Engländern im 17. Jahrhundert gekidnappt und nach England verschleppt wird, ehe er wieder den Weg zurückfindet, nur um zu erfahren, dass sein Stamm, wohl von eingeschleppten Krankheiten geplagt, ausgelöscht wurde. Nach den Erfolgen von Dances with Wolves und Last of the Mohicans sollte Squanto im Fahrwasser der neu gefundenen Auseinandersetzung Hollywoods mit der Thematik Ureinwohner Kasse machen.

Wirklich viel von Kollers intimem Stil ist dem Film nicht anzumerken und man kann quasi spüren wie sehr er unter den Fittichen eines grossen Studios wie Disney gestanden haben muss (leider kein Wort über Kollers Einfluss auf die Musik in den dürftigen Liner Notes). Jedenfalls war es der einzige Ausflug Kollers ins Traumland des Films. Nicht weniger steil aber doch ein wenig länger anhaltend war da schon der Aufstieg von Joel McNeely, der über TV-Arbeiten (ebenfalls für Disney, u.a.), insbesondere aber durch seine Arbeiten zur Serie The Indiana Jones Chronicles zu grösseren Produktionen wie Iron Willund Terminal Velocity kam und sich bei Filmmusikfans schnell einen Namen als bemerkenswertes Talent für orchestrale, thematische Arbeiten machte. Hin und wieder wurde er gar in Zusammenhang der immer mal wieder gezückten Phrase „legitimer Nachfolger John Williams`“ genannt). In diese Phase fällt also auch Squanto, dessen Misserfolg an den Kinokassen dazu führte, dass man einzig auf McNeelys eigener Einspielung des Varèse Samplers Hollywood `94eine Suite zu hören bekam.

Diese limitierte Intrada Scheibe präsentiert den gesamten, knapp 65 Minuten dauernden Score mit vielem was McNeely auszeichnet: Ein schönes, eingängiges Hauptthema, das McNeely immer wieder aufgreift und im fabelhaften Horse Ride zum musikalischen Höhenflug ansetzt. Ein von der Querflöte gespieltes Motiv mit einem Hauch indianischem Flair, das als Variation auch als Liebesthema eingesetzt wird und ein dramatischer gewichtetes Thema, öfter in Zusammenhang mit actionbetonteren Passagen zu hören. Die flotten, vollorchestralen und überlegt orchestrierten Actionstücke (The Great Escape, Kiddnaped, Epinow Rescue) sind die eigentlichen Highlights eines Scores aus einer Zeit wo gescheites Actionscoring noch, wenn auch nicht mehr lange, möglich schien.

Vielleicht sind die 65 Minuten gerade einen Tick zu lang, denn im letzten Drittel der CD verliert McNeelys Musik an Intensität, was durchaus auch dem Film zu schulden ist. Insgesamt aber ist Squantoeine wirklich feine Filmmusiksache und eine schöne Addition in einer nur noch langsam wachsenden McNeely-CD-Ecke.

Nach den grausigen Flops mit The Avengers und Soldier (dieser wuchtige Actionscore sei Genrefans empfohlen), ging die Karriere McNeelys bergab. Es folgten zwar noch grössere (aber eben auch völlig misslungene) Filme wie Virus, er dirigierte einige der Varèse Sarabande Einspielungen mit dem Royal Scottish, zeichnete für die 2 Seasons dauernde Serie Dark Angel verantwortlich und scorte direct-to-video Sequels wie Lilo & Stitch 2, Mulan 2, The Jungle Book 2oder The Fox and the Hound 2. 2000 entstanden trotz alledem nochmals zwei feine Musiken, einerseits zum TV-Film Sally Hemmings: An American Scandal – die CD wurde von Prometheus veröffentlicht – andererseits Lover’s Prayer (Varèse Sarabande).

Es ist bedauerlich, dass solch begabte Komponisten wie McNeely heute in Hollywood nur noch in der dritten Reihe beachtet werden und auch bei einigen jungen Filmmusikfans kaum ein Begriff sind. Vielleicht kann wenigstens bei letzteren eine Veröffentlichung wie Squanto für ein wenig „Renaissance“ sorgen.

Phil, 29.8.2011

 

SQUANTO – A WARRIOR’S TALE

Joel McNeely

Intrada Special Collection
Volume 179

64:55 Min. / 19 Tracks

Limitiert auf 1500 Stk.

 

 

 

 

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