Prancer

Als sie beobachtet, wie von einer Weihnachtsdekoration Prancer ‒ eines von Santa’s acht legendären Rentieren ‒ auf die Strasse fällt, und ihr kurz darauf ein richtiges, verletztes Rentier über den Weg läuft, glaubt die kleine Jessica, einen real gewordenen Begleiter des bärtigen Mannes vor sich zu haben. Sie bittet ihren Vater um Hilfe, doch den Wittwer und Inhaber einer schlecht laufenden Apfelfarm plagen andere Probleme, und so versteckt sie das Tier in der Scheune und päppelt es eigenhändig wieder auf.

Prancer ist ein kleiner, rührender Film, der mit feinem Humor und auch Ernst daran appelliert, den magischen Zauber der kindlichen Fantasie, der zu Weihnachten besonders ausgeprägt ist, nie zu verlieren. Zum Cast gehören gestandene Schauspieler wie Sam Elliot und Cloris Leachman, es ist jedoch die neunjährige Filmdebütantin Rebecca Harrell Tickell, die sich mühelos in die Herzen der Zuschauer spielt. In einer kleinen Rolle ist zudem Johnny Galecki ‒ seines Zeichens Dr. Leonard Hofstadter aus der populären Sitcom The Big Bang Theory ‒ zu sehen, der 1989 noch in einem weiteren Weihnachtsfilm mitwirkte, und zwar im kultigen Christmas Vacation.

Magie ist das Schlüsselwort bezüglich dieses Filmes, und dies lässt sich auch über die Musik sagen. Maurice Jarre widmet sich trotz gelegentlicher Verwendung bekannter Weihnachtsmelodien wie Silent Night oder The First Noel nicht gängigen, festlichen Klängen, sondern der grossen Vorstellungskraft von Jessica. Neben Streichern, Klavier, Chor und keltischer Harfe kommen auch Synthesizer zum Einsatz, allen voran das EWI (electronic wind instrument), das dem Rentier eine überirdische Aura verleiht.

Zwei Hauptmotive prägen die Musik: das hinauf- und herabgleitende Thema für Prancer und eine Art trauriger Walzer für die spirituelle Bindung zwischen Jessica und dem Rentier, die den Hörer in ihrer Verarbeitung insbesondere für Soloklavier und Streicher mit einem gesunden Mass an Sentimentalität zu berühren vermögen. Es gibt auch humorvolle Momente, etwa in Prancer Picnic oder Theme From Nabucco (natürlich der berühmte Gefangenenchor, hier von Jarre jedoch in einer augenzwinkernden Bearbeitung für Streicher und EWI), das Prancers witzigsten Auftritt unterlegt.

Eine weitere, von Jarre arrangierte Fremdkomposition ist das aus Blue Velvetstammende, düster-elegische Mysteries Of Love von Angelo Badalamenti und David Lynch; an sich ein ergreifendes Stück, das jedoch schon etwas abweicht vom Grundcharakter der übrigen Musik. Leider findet sich im Booklet kein Hinweis darauf, aus welchem Grund es für Prancer wiederverwendet wurde.

Es soll nicht verhehlt werden, dass der Score auch ein paar nicht so gelungene Momente aufweist, wie etwa Leaving Home mit seiner wenig inspiriert wirkenden, elektronischen Suspense und Dramatik. Jedoch ist das bei Prancer Is Free & End Credits wieder vergessen, wo die Magie ‒ hier unterstützt durch Chor und Schlittenglocken ‒ ein letztes Mal aufblüht. Und wer über genügend Fantasie verfügt, erspäht am Weihnachtsabend dank dieser Musik vielleicht tatsächlich fliegende Rentiere.

Andi, 28.12.2013

 

PRANCER

Maurice Jarre

Intrada Special Collection
Volume 259

49:21 Min./11 Tracks

Limitiert

 

 

 

 

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