Jennifer 8 (La-La Land)

Waren die Zeiten noch schön, als Musikveröffentlichungen auf LP erschienen sind. Nachpressungen bzw Neuerscheinungen waren schwierig und selten. So konnte eine Sammlung entstehen, deren Wertbeständigkeit gesichert war. Die Digitalisierung von Musik machte diesem aber einen Strich durch die Rechnung. Jederzeit war eine Reproduzierung einer Musik möglich, ohne Verlust an Klangqualität. Für Sammler ein Graus, da über Nacht eine Sammlung an Wert verlor.

Limitierte Sammlerauflagen sind ein Fluch und ein Segen zugleich. Ein Segen für jüngere Musikliebhaber, die so an eine längst vergriffene Musik gelangen können. Ein Fluch für diejenigen, die die Musik schon länger in ihrer Sammlung haben und mit der Neuauflage die „Alte“ in die Tonne kloppen können.

Auch erweiterte und verlängerte Scoreauszüge sind kein wirkliches Kaufargument. Selten gelingt mit einer Verlängerung ein zusätzlicher Hörgenuss. Die ursprüngliche Fassung bietet in der Regel die wichtigsten Themen und deckt den Score ausreichend ab. Mit durchschnittlich 40 Minuten erreicht man einen repräsentativen Blick auf die Musik, den eine Verlängerung nur verwässern kann.

Trotzdem gibt es immer wieder CD Veröffentlichungen, mit denen man nicht zufrieden ist. Entweder ist der Scoreauszug zu gering ausgefallen oder die CD spiegelt den subjektiven persönlichen Wert der Musik nicht wieder. So war es mir mit der Musik von Christopher Young zu dem Bruce Robinson Thriller Jennifer 8. Die „alte“ Milan CD beinhaltet Auszüge aus dem Score, die mit klassischer Musik vermengt wurden. Auch wurden die Tracks nicht in chronologischer Reihenfolge präsentiert. Für mich jedes Mal ein Graus beim Hören. Ein unbefriedigendes Gefühl, dass mit der neuen expandierten und limitierten Auflage endlich der Vergangenheit angehört.

Jennifer 8 bildet in Christopher Youngs Diskografie einen wichtigen Wendepunkt. Mit dieser Musik erreicht er ein neues Level und wurde mit der Musik von einem größeren Publikum wahrgenommen. Gleichzeitig stößt er in die Majorliga der Hollywood Bigprojekt vor. Diese Musik wurde für nachfolgende Thrillerfilme Vorlage und so bezeichnet Young sie auch sarkastisch als Jennifer 9, 10 oder 11.

Polizist John Berlin ermittelt in einer Kleinstadt einen Mordfall. Auf einer Müllhalde wird die Leiche einer Frau gefunden. An ihren Fingerkuppen lassen sich leichte Abnutzungen erkennen, die auf eine Blindheit der Person schließen lassen. Was zuerst nach einem Routinefall aussieht, endwickelt sich im Laufe zur Suche nach einem Serientäter. Sieben Opfer sind zu beklagen und die Polizeiakte des ersten Opfers heißt Jennifer. Die blinde Helena wird Zeugin, als eine Mitbewohnerin beim Verlassen des Wohnheims ihrem Mörder begegnet. Helena wird von John Berlin vernommen und somit zur Zielscheibe des Täters.

Christopher Youngs Hauptthema für Jennifer 8 ist eine Mischung aus Piano, Harfe, Streicher und einem Frauenchor. Das Pianospiel wird fast wie ein Leitmotiv verwendet und im Laufe des Scores immer wieder zitiert. Ein nachhaltiges Thema, dass die düstere und klaustrophobische Stimmung des Films einfängt. Neben dem eingängigen Hauptthema verwendet Young Soundcollagen und Synthielemente um die nötige Spannung aufzubauen. Ein behutsamer Score entwickelt sich und zeigt die Verletzlichkeit der Hauptfigur: der blinde Helena.

Der im Vergleich zur Milan CD um 10 Minuten verlängerte Score in chronologischer Reihenfolge entspricht der kompletten Filmmusik. Christopher Young hat für eine bessere Hörbarkeit einige kurze Tracks miteinander verbunden. Dieses tut dem Hörgenuss keinen Abbruch.

Als Bonus enthält die La-La-Land Veröffentlichung auf der zweiten CD den abgelehnten Score von Maurice Jarre. Obwohl er nur zu 75 Prozent fertig gestellt war, erlaubt er einen guten Blick auf die Musik. Für mich vermag Jarre es nicht, den von Young erreichten düsteren und beklemmenden Blick auf die Handlung zu werfen. Obwohl er einen ähnlichen musikalischen Ansatz wie Young verwendet, ist sein romantisches Pianospiel bieder und altbacken. Die Synthieelemente erinnern an No Way Out und schaffen keinen befremdlichen Blick in die Welt der blinden Helena.
Bernd, 25.3.2012

Young / Jarre:

JENNIFER 8

Christopher Young/Maurice Jarre

La-La-Land Records LLLCD 1198

CD1: 47:30/17 Tracks
CD2: 39:17/18 Tracks