DVD/bluray komprimiert 34

Kompliziertes Liebesleben, der Star der Meere, Rassendiskriminierung im Spacecenter, zwei Topschauspieler auf der Spitze ihres Könnens, bluttriefendes Kriegsgetümmel mit Stossgebeten und eine Bestseller TV-Umsetzung – das alles in Nr. 34!

 

Einen mehrschichtigen Thriller hat Tom Ford (A Single Man) mit dem hervorragenden Nocturnal Animalsgeschaffen. Von den ersten 3 Minuten sollte man sich nicht verjagen lassen, die sind zugegeben etwas speziell. Amy Adams spielt eine erfolgreiche Künstlerin, deren Ehe vor dem Aus steht. Ausserdem trauert sie immer noch ihrer alten Liebe (Jake Gyllenhaal) nach. Von diesem enthält sie ein Manuskript, in dem eine verstörende Geschichte um einen Mehrfachmord erzählt wird.
Ford erzählt Nocturnal Animal aus der Sicht Adams›, die während des Lesens in die Geschichte eintaucht und so sehen wir alternierend ihr aktuelles Leben, das Geschehen im Roman und als Erinnerung die Beziehung zwischen Adams› und Gyllenhaals Charakter. Nocturnal Animals ist kein Popcornfilm, den man sich einfach mal so reinziehen kann. Die Bereitschaft sich in die Charaktere und deren Geschichten einzufühlen und ein wenig Mitdenken sind gefordert. Dann ist Nocturnal Animals ein faszinierender, leider nicht sonderlich beachteter Film, aber sicherlich einer, der länger im Gedächtnis haften bleiben wird. Dazu die tolle Musik des Polen Abel Korzeniowski und die starken Schauspieler (zu den Erwähnten gesellt sich noch Michael Shannon). Ein Filmereignis, das unbedingt empfohlen sei!
  Erscheinungsdatum 21.4.2017

 

 

Wer hat als Kind, so man das entsprechende Alter hatte, nicht die Dokumentationen von Jacques-Yves Cousteau im Fernsehen gesehen? Was der Meeresforscher damals auf Bilder bahnte, war einzigartig. Dass dabei nicht alles so ganz friedlich und naturverbunden ablief, zeigt der Film von Jérôme Salle (Largo Winch) unter anderem. Auch das Familienleben, das zu Beginn so harmonisch war, stellt Cousteau mit seiner herrischen Art auf die Probe. Insbesondere seine Frau (Audrey Tautou) und Sohn Philippe (Pierre Niney), der sich dennoch entschliesst zunächst mit seinem Vater zu arbeiten, leiden mehr und mehr darunter.
Salles Biopic ist facettenreich und wackelt durchaus an dem Denkmal, das sich Cousteau selber so gerne gesetzt hätte und was ihm schlussendlich mit seinen letzten Dokus gelungen ist. L’Odyssée ist aber auch ein spannender Einblick wie gekonnt sich Cousteau zu verkaufen wusste, es aber nicht mehr schaffte zwischen Star und Mensch zu unterscheiden. Die Aufnahmen sind bis auf einige Ausnahmen beeindruckend, leider ist gerade ein CGI-Effekt mit Philippe, der prominent in Szene gesetzt wurde und einem Wal etwas daneben geraten. Der Shot wäre so aber auch gar nicht nötig gewesen, denn der Film hat Philippes Faszination und die Liebe zum Meer und seinen Bewohnern genügend etabliert.
Wie in der CD-Rezension angedeutet, Alexandre Desplats Musik ist ein Höhepunkt des Films und eine seiner besseren Musiken des vergangenen Jahres. Ja man würde sich angesichts dessen, was im Film zu hören ist, gar eine längere Veröffentlichung wünschen.
Erscheinungsdatum: 7.4.2017

 

 

Sie ist in unseren Breitengraden gänzlich unbekannt, die Geschichte von Katherine Johnson, Dorothy Vaughan und Mary Jackson, die in Hidden Figures erzählt wird. Was man mit NASA verbindet sind zuallererst kühne Astronauten, majestätische Raketenstarts, Mondlandungen, Beinahe-Katastrophen und die Tragödien. Doch dass die drei Afroamerikanerinnen dazu beitrugen, Alan Shepard als ersten Ami ins All zu schiessen und John Glenn die Erde drei Mal umrunden zu lassen, ist weniger bekannt. Theodore Melfi (St. Vincent) leider schafft es nicht, daraus kein rührseliges Stück mit Tränen, Jubel, thumbs up und anderen dramatischen Zuckerbäckereien zu machen. Hie und da streut er freiwillig und unfreiwillig etwas Komik in die Sache, doch die 127 Minuten ziehen sich vor allem gegen Ende zäh dahin, auch weil sich die Geschehnisse wiederholen und widergekaut werden, fast ist man versucht während einigen Sequenzen zu sagen: „Ja, ja, wir wissen es… sie ist brillant, aber sie ist eine Frau und erst noch Afroamerikanerin…“.
In Nebenrollen sind übrigens Kevin Costner und Jim Parsons (aus Big Bang Theory bekannt) zu sehen. Die drei Oscarnominationen für den besten Film, das beste Drehbuch und die beste weibliche Nebenrolle sind etwas weit hergeholt, fast so wie die Kapsel im All verkehrt herum „fliegt“.
Filmmusikalisch muss man sagen, bleibt hier eher wenig zurück. Es teilen sich Hans Zimmer und Benjamin Walfisch die Credits mit einem gewissen Pharrell Williams.
Erscheinungsdatum: 17.5.2017

 

 

Heat in der Normalversion ist schon ein Ereignis für sich, das gilt für die längere 170 Minuten Version nicht weniger. Der Film ist ein Stück Filmgeschichte und bis heute Michael Mann mit Abstand bestes Werk. Und schliesslich hat er es als erster geschafft Robert DeNiro und Al Pacino gemeinsam – in Godfather II waren sie zwar beide zu sehen, hatten aber keine gemeinsame Szene, da auf verschiedenen Zeitebenen agierend – vor die Kamera zu bringen, und das nicht erst als ihre Karrieren bereits den (verdienten) Altersausklang hatten (ein solches Duett folgte, weniger geglückt, mit Righteous Kill auch noch). Nein, DeNiro und Pacino waren hier auf der Höhe ihres Könnens, einer spielt den cleveren Ganoven, der andere den toughen, mit vielen privaten Problemen kämpfenden Cop. Dazu ein erweiterter Cast mit Tom Sizemore, Jon Voight und Val Kilmer (noch rank und schlank und vor allem gut!) sowie Ashley Judd in einer ganz frühen Rolle. Gekonnt eingefangen von Dante Spinotti hinter der Kamera und musikalisch von Elliot Goldenthal (dessen Score im Film von Mann eher stiefmütterlich behandelt wurde). Das Tüpfelchen auf dem Idee ist die Tonspur. Wie es hier knallt, hallt, scheppert und pengt ist von aller erster Güte. Der grosse Bankraub geht nicht zuletzt deswegen in die Filmgeschichte ein und wurde seither zig fach kopiert.
Erscheinungsdatum: 23.2.2017

 

 

Trotz des massiven Erfolgs mit Braveheart sind Mel Gibsons Auftritte als Regisseur selten geblieben. Carte blanche hatte er danach mit The Passion of Christ, einem durch und durch umstrittenen Werke nicht zuletzt seiner plakativen Brutalität wegen. Wer nun aber dachte, Gibson hätte damit seinem religiösen Eifer Genüge getan, sieht sich mit Hacksaw Ridge eines Besseren belehrt. Der Film um einen Sanitäter, der sich weigert seine Hand an eine Waffe zu legen, weniger aus Gewissens- als vielmehr aus Glaubensgründen (oder doch beides?), strotzt nur so vor Gottesfürchtigkeit. Vielleicht kann der ein oder andere besser damit umgehen, doch wo Gibson völlig scheitert, ist in seiner Erzählstruktur, die in der letzten Filmstunde arg darunter leidet, dass der Australier alles zeigen will, und das am besten im Detail. Also sehen wir Innereien, Gliedmassen, Gehirnmassen und was weiss ich noch alles in den Staub von Okinawa spritzen und in diesem Getümmel, das einen sprachlos hinterlässt, nicht jedoch weil man völlig ergriffen ist wie einst bei Saving Private Ryan, sondern weil vieles unnötig scheint, was Gibson uns zeigt. Der Gipfel des Ganzen ist (nebst einem recht schwach platzierten Vince Vaughn als Sergeant) eine der Szenen am Schluss, in der Desmond Doss (Andrew Garfield) die Handgranaten der Japaner mit seinen Handflächen, quasi als Pingpongschläger benützend, zurückschlägt – oje. Spätestens, allerspätestens hier dürfte der ein oder andere die Augen verdrehen. Nun, Hacksaw Ridge ist eine wahre Geschichte, dennoch hat es Mel Gibson verpasst, sie wirklich packend und vor allem originell zu erzählen. Chance ausgelassen, eindeutig.
Musikalisch ist schnell zu hören, was sich Mel Gibson gewünscht hätte: einen Score von James Horner, der ihm bei Man without a Face, Braveheart und Apocalypto musikalisch zur Seite stand. Nun muss Rupert Gregson-Williams die Lücke füllen, die Horner vor nunmehr 2 Jahren hinterlassen hat, kein leichtes Unterfangen also. So sind Andeutungen und Anlehnungen an Horner zu hören, auch wenn man die CD nicht besitzt, dazu ein wenig modernere Klänge und fertig ist die Melange.
Erscheinungsdatum: 7.4.2017

 

 

In Capital, nach dem Besteller von John Lanchester, erhalten die Anwohner eines besseren Viertels, der Pepys Road, merkwürdige Nachrichten. Zuerst denken sie an Marketinggags, der ihnen regelmässig auf Notizen und Fotos mit „We Want Your House“ gekennzeichnet ins Haus flattern, aber irgendwas scheint hier nicht ganz koscher zu sein und bringt die Hausbesitzer, die mit ihren alltäglichen Problemen zu kämpfen haben, ganz schön auf Trab.
Die Miniseries ist mit drei Mal 60 Minuten erstaunlich kurz ausgefallen, damit aber recht satt und straff inszeniert. Mehr als „who-dunnit?“ geht es eigentlich um die Einzelschicksale der Bewohner der Strasse, mehr und mehr hinter die bröckelnde Fassade sehend. Kritiker bemängelten, dass dem bissigen Buch nicht gerecht geworden sei. Aus Ermangelung dieses Lesestoffes kann ich das weder bejahen noch verneinen.
Toby Jones führt hier eine Riege guter, bei uns allerdings eher unbekannter britischer Darsteller an, die Musik stammt von Dru Masters (Silk und einige andere TV-Produktionen). 180 Minuten gute TV-Unterhaltung auf dem guten Niveau der Fernsehproduktionen der Brexitinsel.
Erscheinungsdatum: 21.4.2017

 

Phil, 26.6.2017

 

 

 

 

 

 

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