All is True

Mit ALL IS TRUE blicken Patrick Doyle und Kenneth Branagh auf eine inzwischen 30 Jahre dauernde Zusammenarbeit, dabei ist gerade in der ersten Hälfte mit HENRY V, DEAD AGAIN, MUCH ADO ABOUT NOTHING und HAMLET ein beachtliches Werk zusammengekommen, das zuletzt mit zwar erfolgreichen aber nur mässig gelungenen Filmen wie THOR und MURDER AT THE ORIENT EXPRESS etwas getrübt wurde. Auch musikalisch kam der schottische Komponist zuletzt nicht mehr so richtig in Fahrt.

Mit ALL IS TRUE kehren die Beiden zu ihren Wurzeln zurück. Der Film erzählt, das ist eine Premiere, denn zwar spielte Branagh diverse Shakespeare Figuren aber nie den berühmten Schriftsteller selber, von der Rückkehr Shakespeares in seinen Heimatort Stratford-upon-Avon, wo er seine letzten Lebensjahre verbringt. Neben Kenneth Branagh spielen unter anderem Judi Dench und Ian McKellen.

Patrick Doyles Musik eine richtig hübsche, feine Angelegenheit, die eine gewisse Erschöpfung und gedämpfte Stimmung ausstrahlt, was, ohne den Film gesehen zu haben, durchaus zur Thematik passt. Doyle beginnt den Score mit melancholischen Klängen für Klavier, Harfe und Streicher, womit wir auch gleich bei der Besetzung wären, denen auch das Cembalo ähnliche Virginal und eine Art Orgel angehören. Oft lässt er die Streicher ohne vibrato spielen, was zu einer eigenen, andersartigen Stimme führt. Doyle arbeitet hier vor allem mit Soloinstrumenten (und kleiner Besetzung) wie beispielsweise dem Cello in «Hamnet’s Grave», in dem wir die beiden Hauptthemen («I Know a Bank» und «Fear No More») hören, aber es ist das Klavier, das hier die Hauptrolle einnimmt. Zumeist werden die beiden Themen, gerne miteinander verknüpft, vom Klavier, dass Doyle hier selber in seiner ihm eigenen, weichen Spielart gibt, intoniert. In «Ten Thousand More» taucht gleich zu Beginn ein weiteres Motiv, das aus der Melancholie des Eröffnungstracks schöpft, auf.

Stücke wie «Southampton» und «Love, Not Ambition» zeigen die Gegensätzlichlichkeit innerhalb der Musik. Das gleiche Thema, etwas anders orchestriert, verschiedene Tempi, unterschiedliche Emotionen. Wundervoll gemacht. Wie Kenneth Branagh in den Liner Notes schreibt: «…always draws the viewer into the heart of the matter.» Das ist zweifelsohne bei ALL IS TRUE zutreffend. Mich hat der Score jedenfalls, es ist einige Zeit her, dass Patrick Doyle dies in der Weise schaffte, sehr berührt – und endlich gibt es auch wieder ein «richtiges Doyle-Lied» zu hören: «Fear No More», gesungen von Abigail Doyle.

Der Film startet Mitte Mai in den USA, anders als Superhelden und Meisterdetektive liegt Shakespeare, weder als Werk noch als Person im Moment allerdings nicht im Lichtspielhaustrend. Nichtsdestotrotz oder vielleicht gerade weil der Film ebenfalls ein eher kleines Schauspiel ist, ist ALL IS TRUE eine wundervolle, zugängliche und herzerwärmende Musik.

Phil, 29.4.2019

ALL IS TRUE

Patrick Doyle

Sony Classical

37 Min.
17 Tracks